Etwas Besseres als ein deutscher Staat

Aufgenommen vom kollektiv_textegegendienation

Wenn die Äußerungen und Handlungen von einigen radikalen Linken betrachtet werden, die sich mit Deutschland auseinandersetzen, kann der Eindruck erweckt werden, dass die DDR ein großartiger, sozialistischer Staat war und die BRD ein imperialistischer Schurkenstaat ist. So laufen zum Beispiel Menschen in FDJ-Uniformen auf linken Demonstrationen in Ostdeutschland mit oder sie veranstalten selber Demonstrationen, wie die in Zwickau im Juni 2020. Oder, wenn die Äußerungen von Linken, die etwas bürgerlicher sind, betrachtet werden, könnte ein entgegengesetztes Bild entstehen, also dass die DDR ein Unrechtsstaat war und keine progressiven Punkte innehatte während die BRD ein fortschrittlicher, freiheitlicher Staat ist.

Dieser Eindruck trügt. Weder die BRD noch die DDR sind bzw. waren Staaten mit denen die radikale Linke Frieden schließen kann.

Viele Kritikpunkte, die in Bezug auf die (prä- und post-Wende) BRD geäußert werden können, treffen ebenso – natürlich in anderem Maße – auch bei der DDR zu. Beispielsweise erklärte die BRD durch die sogenannte Entnazifizierung einen guten Teil ihrer Verwaltungsbeamten einfach für unschuldig. Scheinbar wurde das nicht nur getan ohne überhaupt daran zu denken, was sie während des Nationalsozialismus gemacht haben, vielmehr wurde dies wissentlich ignoriert.. Eins der prominentesten Beispiele für die fehlende Auseinandersetzung der BRD mit dem deutschen Faschismus ist die politische Karriere Hans Globkes, der unter Konrad Adenauer von 1953 bis 1963 Chef des Bundeskanzleramts war. Nur wenige Jahre zuvor war er einer der Verfasser und ein Kommentator der „Nürnberger Rassengesetze“. Zusätzlich war er der Ministerialbeamte, der die judenfeindliche Namensänderungsgesetze zu verantworten hatte. Bei seiner Anhörung im Zuge der Entnazifizierung gab Globke jedoch an zum Widerstand gehört zu haben. Da er niemals Mitglied in der NSDAP gewesen war, was ihm durch seine ehemalige Mitgliedschaft in der Deutschen Zentrumspartei verwehrt worden war, wurde er in die Kategorie „unbelastet“ eingeordnet. Als einer der führenden Köpfe der nationalsozialistischen Verwaltung konnte er ohne Weiteres einen hohen Posten in der BRD einnehmen[1]. Während in Westdeutschland also offiziell eine Politik der „Entnazifizierung“ gefahren wurde, eigentlich aber wissentlich personelle Kontinuitäten von vor 1945 fortgesetzt wurden, setzte die DDR auf formale Abgrenzung. Offiziell erklärte sich die Deutsche Demokratische Republik zum „antifaschistischen Staat“, berief sich auf einen Gründungsmythos bestehend aus dem kommunistischem Widerstand gegen das NS-Regime und internierte einige ehemalige Nationalsozialisten. Die BRD erklärte sie unterdes zum Nachfolge-Staat des nationalsozialistischen Deutschlands[2]. Die DDR konnte damit einfach die Auseinandersetzung mit der Schuld am Holocaust auf andere abwälzen und ebenso Alt-Nazis in in der Verwaltung einsetzen. Dazu gehörte neben fehlenden Entschädigungszahlungen für bestimmte Opfergruppen auch die staatliche Diktion einer rein auf den kommunistischen Widerstand bezogenen Gedenk- und Erinnerungskultur. Währenddessen fand ab den 60er Jahren in der BRD eine Auseinandersetzung aus der Bevölkerung heraus entstand.

Doch nicht nur die mangelnde Auseinandersetzung mit dem nationalsozialistischen Deutschland ist bei der DDR zu kritisieren. Nach der Erklärung zu einem antifaschistischen Staat hat sie einige Jahre später behauptet den Nazismus mit Stumpf und Stil ausgerottet in ihrem Hoheitsgebiet zu haben. Das war eher ein propangandistisches Lippenbekenntnis: keineswegs waren die Bürger*innen der DDR alle plötzlich Antifaschistinnen und Antifaschisten geworden. Lediglich wurden Probleme mit Rechtradikalismus konsequent von der Staatsführung ignoriert. Offenkundiger Neonazismus wurde als Rowdytum abgetan und dementsprechend auch nicht politisch dagegen vorgegangen. Und das obwohl sie laufend Menschen, die aus sog. „sozialistischen Bruderländern“ kamen oder auch Homosexuelle und Andersdenkende angriffen. Das gipfelte beispielsweise in einem Überfall von Skinheads auf ein Konzert von ost- und westdeutschen Punkbands in der ostberliner Zionskirche 1987. Erst danach – und eigentlich auch nur weil westdeutsche Punkbands und damit eine westdeutsche Öffentlichkeit anwesend waren – wurden Neonazis teilweise als politisches Problem behandelt und bekämpft. Offensichtlich dennoch unzureichend – gipfelte der Neonazismus in der DDR in bis zu 500 Taten pro Monat im Jahre 1988. Auch bei den Montagsdemonstrationen waren Reichskriegsflaggen zu sehen und es wurden nationalistische bis rechtsradikale Parolen skandiert. Auch nach der Wende wurde es nicht besser: die BRD hat nach der Übernahme der DDR die Erzählungen der DDR einfach mit übernommen und ebenso behauptet, dass die Nazis in den sog. neuen Bundesländern eigentlich Rowdies wären[3].

Nicht nur aus einer antifaschistischen Perspektive gibt es Kritikpunkte an den letzten beiden deutschen Staaten, sondern auch aus explizit linksradikalen und kommunistischen Sichtweisen. In der DDR galt zum Beispiel das sog. „Recht auf Arbeit“, welches durch zwei Faktoren auch zu einer Pflicht zur Arbeit wurde. Einerseits durch die Notwendigkeit zu Arbeiten um überleben zu können, die in kapitalistischen sowie staatskapitalistischen Staaten wie der DDR existiert. Da in der DDR laut Staatsführung Alle die Möglichkeit hatten zu arbeiten musste der Staat auch nicht für die Versorgung von Bürger*innen sorgen, die keine Arbeit hatten. Aber nicht nur, dass Arbeitslosen kein Überleben ermöglicht wurde, sie wurden sogar dafür bestraft, dass sie „arbeitsscheues Verhalten“ zeigen würden. In der BRD wurde zwar mit Arbeitslosigkeit über ein Arbeitslosengeld umgegangen, aber spätestens seit der Einführung der Hartz-Reformen werden Leute auch dafür bestraft wenn sie nicht den (beschissenen) Job annehmen, den ein Bürokrat aus dem Jobcenter für sie raussucht. Doch anstatt Arbeitslose wie die DDR direkt einzusperren, lässt die BRD sie erstmal für einige Monate unter der Armutsgrenze leben, um sie danach wegen Schwarzfahren einzusperren, weil das Geld nicht für die Fahrkarte reicht. Das ganze Elend mit der Arbeit und Arbeitslosigkeit wird auch noch von einigen Gewerkschaften unterstützt, die zum Beispiel, obwohl sie sonst sehr wichtige Arbeit erledigen und Arbeiter*innen organisieren, vertreten und unterstützen, dass bedingungslose Grundeinkommen blockieren, weil „die Leute ja arbeiten wollen“. Eine (vernünftige) radikale Linke sollte jedoch nicht ein Recht auf Arbeit fordern, sondern stattdessen ein Recht auf ein gutes Leben.

Zu diesem Recht gehört auch, dass die Mitbestimmung des eigenen Lebens ermöglicht wird. Die DDR hat sehr auf ihr System gesetzt, welches auf dem Ignorieren demokratischer Forderungen und einer Volkskammer, die sich lediglich nach den Wünschen des Politbüros richtete, bestand und somit die demokratische Beteiligung aller eingeschränkt wurde. Auch die Wahlen innerhalb der Partei wurden von oben bestimmt und sind somit sogar beinahe noch weniger progressiv und demokratisch gewesen als die Führungsstruktur in (BRD-)deutschen Großkonzernen. Um nicht nur auf politischer Ebene die Meinung zu bestimmen wurde „bürgerliche Ideologie“[4], also der DDR-Führung unpassende Meinungen, in den Medien verboten, womit die Presse bzw. Medien keine Andere Wahl hatten außer die teilweise reaktionären Ideen zu verbreiten. In der BRD hat unter anderem der Springer-Verlag das Verbreiten reaktionärer Ideen als Marke erkannt und macht es bis heute (Juni 2020) freiwillig.

Auch bei anderen Themen, wie z.B. Umweltschutz war die DDR und ist die BRD kein wirkliches Vorbild. Zum Beispiele waren viele Flüsse in der DDR so verschmutzt, dass sie sich 30 Jahre später immer noch nicht erholt haben. Gegen diesen Zustand wurden verschiedene Demonstrationen veranstaltet wie die Pleiße-Gedenkumzüge[5] in Leipzig und ein Teil der Opposition in der DDR waren Teil einer Umweltbewegung. Dass sich die BRD nicht an das Pariser Klima-Abkommen hält ist eine Sache, die sogar CDUler zugeben[6] und die eine Jugend-Bewegung hervorgerufen hat, deren Forderungen das gerade so notwendige wiedergeben.

Zuletzt wurden auch die Ansprüche von Kommunist*innen an den sog. real existierenden Sozialismus nicht wirklich erfüllt, wie in einem anderen Text in diesem Zine dargelegt wird.

Natürlich hat die BRD einige, vor allem demokratische Vorteile gegenüber der DDR, jedoch sollte die Forderungen emanzipatorischer Kräfte so wenig die nach einer neuen oder verbesserten DDR sein, wie der Ruf nach einer neuen oder verbesserten BRD. Es sollte die Forderung lauter werden, die bestehenden Zustände umzuwerfen und eine befreite Gesellschaft für alle zu errichten.

[1] – Erik Lommatzsch: Hans Globke und der Nationalsozialismus. Eine Skizze. (PDF) In: Konrad-Adenauer-Stiftung (Hrsg.): Historisch-politische Mitteilungen. Band 10, 2003, S. 95–128.
URL: https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=b95b9c34-b0a0-5e10-1dc1-091190aadb00&groupId=252038

[2] – Iva Arakchiyska: Zwei deutsche Staaten – zwei Erinnerungskulturen –
Die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit im Kalten Krieg
URL: http://lernen-aus-der-geschichte.de/Lernen-und-Lehren/content/10282

[3] – Dr. Bernd Wagner: Vertuschte Gefahr: Die Stasi & Neonazis https://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/stasi/218421/neonazis

[4] – Hier muss angemerkt werden, dass die DDR-Staatsführung alles, was nicht in ihre „sozialistische Idee“ gepasst hat als bürgerlich beschrieben hat.

[5] – „Oppositionszentrum Leipzig“, hrsg. v. Bundeszentrale für politische Bildung und Robert-Havemann-Gesellschaft e.V., letzte Änderung Januar 2020, http://www.jugendopposition.de/145316

[6] – https://www.bz-berlin.de/deutschland/konservative-politik-beginnt-damit-dass-man-sich-anstaendig-benimmt

Für eine echte Vereinigung

von der  Initiative „Keupstraße ist überall“

Von der Initiative „Keupstraße ist überall“

Das Problem hieß und heißt Rassismus. Gestern wie heute. Das ist die Grundüberzeugung unserer Kölner Initiative und das gilt überall auf der ganzen Welt. Daher rührt auch unser Name „Keupstrasse ist überall“.

Wir haben uns leider erst nach der Aufdeckung des rechtsextremistischen Netzwerkes „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) im November 2011 und der Bekanntgabe des Prozesstermins gegen Mitglieder und Unterstützer*innen des NSU vor dem Oberlandesgericht (OLG) in München gegründet. „Leider“, weil es viel zu spät kam. Wir hätten viel früher auf die NSU-Morde und Anschläge reagieren müssen. Aber nach 2011 konnten wir die Brutalität der Täter*innen und unsere eigene Untätigkeit nicht länger ertragen.

Wir beschlossen, in Köln ein Zeichen zu setzen für ein Miteinander und gegen rassistische Gewalttaten und Ignoranz. Gemeinsam mit Überlebenden der beiden NSU-Bombenanschläge 2001 in der Probsteigasse und 2004 in der Keupstraße wollten wir auch zeigen, dass diese Rassisten nicht erreicht haben, uns zu separieren.

Vor den Verhandlungstagen im NSU-Prozess in München bereiteten wir, gemeinsam mit der Opferberatung für Opfer rechter Gewalt, die Überlebenden der Anschläge auf den Prozess vor. Wir begleiteten sie zu ihren Zeugenaussagen im Verfahren vor dem OLG, riefen zur bundesweiten Solidarität auf, schafften Öffentlichkeit und forderten, den Fokus nicht länger auf die Täter, sondern auf die Opfer zu setzen, ihr Leid zu sehen und ihre weiter offen gebliebenen Fragen endlich zu beantworten.

Damit haben wir gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung gesetzt. Wir konnten aufzeigen, dass Neonazis und ihre Helfer*innen in Gesellschaft, Polizei und Geheimdiensten ihr Ziel der Terrorisierung und Vertreibung verfolgen, dabei aber nicht unbeobachtet bleiben, indem wir uns gemeinsam dagegen auflehnen, sie öffentlich machen und nicht locker lassen.

Rassismus vor und nach der Wiedervereinigung

Keine Vereinigung bzw. „Wiedervereinigung“ kann in einer Gesellschaft stattfinden, in der Rassismus und Ausgrenzung erlebt und geduldet werden. Rassismus wurde nicht mit dem Ende des zweiten Weltkriegs wegradiert. Rassismus hat es kontinuierlich bis zum Mauerfall gegeben, z.B. in der Nachkriegszeit mit den „Brown Babies“, mit den „vergessenen Pogromen von Erfurt“ (1975) oder beim Brandanschlag in Schwandorf-Bayern (1988), sowie nachher. Und 30 Jahre nach dem Mauerfall hat sich daran leider nicht viel geändert. Das Ereignis ist eine vertane Chance. Zwar wurden mit der Wiedervereinigung sichtbare Barrieren, wie die Mauer, eingerissen, aber die unsichtbaren wurden weiter aufgebaut und verschärft.

Vor dem Mauerfall hatte man sich in der Bundesrepublik vor allem als Bürger*innen der freien, westlichen Welt definiert. Das gilt und galt gleichermaßen für die Menschen, die das Nachkriegsdeutschland mit aufgebaut haben, hierher gezogen waren, einfach hier ihr Leben in politischer und/oder wirtschaftlicher Sicherheit bestreiten wollten. In den Alten Bundesländern wurden sie vor der Wende gerade noch von der Gesellschaft als Mitbürger*innen, Kolleg*innen und Nachbar*innen akzeptiert.

Mit der Wiedervereinigung wurde plötzlich die sogenannte „Abstammung“ das zentrale Kriterium, das Menschen eine Daseinsberechtigung in Deutschland verleihen sollte. Jetzt wurde auf einmal ganz offen skandiert „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“. Wie gesellschaftsfähig diese Haltung geworden war, zeigte sich in den Pogromen in den 90er Jahre, wie in Hoyerswerda (1991), Rostock Lichtenhagen (1992), Mölln (1992) oder Solingen (1993) und der Asylrechtsänderung.

Mobilisierung und Solidarität

Gerade nach dem Brandanschlag in Solingen verabredeten sich in NRW Väter türkischer Familien vor den Häusern mancher Arbeitersiedlungen zur gemeinsamen Nachtwache, um im Falle eines Anschlags die eigenen Kinder schnell retten zu können. An denen, die nicht von Rassismus betroffen waren, ging das erst mal zumeist vorbei. „Wir“ alle nahmen diese Ängste unserer Mitbürger*innen kaum wahr. Solidarisierten uns kaum, bezogen die Menschen, die von diesem Rassismus betroffen sind, nicht wirklich in unsere Proteste ein. Selbst solidarische Demonstrationen, nach der Enttarnung des NSU, führten wir oft ohne die Menschen durch, die davon betroffen waren und sind.

Zum Glück für uns alle schwiegen genau diese Menschen auch auf der Keupstraße nicht länger. So entstand letztendlich die Idee für unsere Initiative „Keupstrasse ist überall“. Es wurde daraus ein „Nicht länger ohne uns, sondern mit uns“.

Nach und nach hat sich viel bewegt. Dadurch, dass die Angehörigen der NSU-Mordopfer und die Überlebenden der Anschläge selbst ihre Stimmen erhoben, konnten Gesellschaft, Politik und die staatlichen Ermittlungsbehörden nicht länger unbeobachtet weiter machen mit Vertuschung, Verharmlosung und dem latenten institutionellen Rassismus.

Die Stimmen von Initiativen der von Rassismus und Gewalt Betroffenen bekommen inzwischen heute mehr Gewicht und werden gehört. Da hat sich tatsächlich etwas verändert. Demonstrationen der Angehörigen der NSU-Mordopfer, wie 2006 in Kassel und Dortmund, werden nicht länger ignoriert. Ganz aktuell hat sich dieses Jahr direkt die Initiative „19. Februar Hanau“ gegründet, die eine Anlaufstelle für Familie und Freunde der ermordeten Menschen in Hanau eröffnet hat.

Was wir in unserer Initiativen-Arbeit gelernt haben: Zuzuhören und den betroffenen Menschen eine Stimme zu geben, sie zu stärken und sie zu unterstützen, damit ein wirkliches WIR – als Akteure – aus dem „uns“ – als passiv Betroffene – wird. WIR alle brauchen das Wissen und die Erfahrung der von Rassismus Betroffenen, um uns wirklich wehren zu können gegen die immer stärker werdende unverhohlene Ausgrenzung von Menschen.

Und alle Betroffenen brauchen eine Gesellschaft, die schnell, solidarisch und menschlich reagiert. Gegen die Kräfte innerhalb des Staatsapparates, die zulassen, dass Menschen durch Politiker*innen, Gerichte, Polizist*innen und „Verfassungsschützer*innen“ eingeschüchtert, bedroht, eingesperrt, verbrannt und getötet werden bzw. in einem Staat leben, der das zulässt und die Täter*innen und deren Taten nicht aufklärt oder engagiert verfolgt.

Beispiele rechtsextremer Gewalt und von institutionellem Rassismus gibt es unzählige. Um nur einige davon zu nennen:

  1. Statt eines Netzwerkes wurde stets vom „Trio“ im NSU -Verfahren gesprochen. Von den fünf angeklagten NSU-Mitgliedern und Unterstützer*innen konnten zwei direkt nach der Urteilsverkündung das Gericht als freie Menschen verlassen (2018).  
  2. Die Bedrohung der NSU-Nebenklage-Anwältin Seda Başay-Yıldız und ihrer Familie durch den NSU 2.0, einer Gruppierung, die sich vorwiegend aus Polizist*innen zusammensetzt.  
  3. Die steigende Anzahl von Fällen terroristischer Gruppierungen wie z.B. Hannibal (Uniter), Nordkreuz, der Gruppe S oder der Atomwaffen Division Deutschland. 
  4. Der qualvolle Tod des zu unrecht inhaftierten Amad Ahmad in der JVA Kleve (2018), der bis heute nicht lückenlos aufgeklärt ist und dessen Verfahren eingestellt wurde. 
  5. 264 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte allein im Jahr 2017 laut dem Bundeskriminalamt, 1387 laut der Amadeu Antonio Stiftung. 
  6. Der ungeklärte Tod von Oury Jalloh in einer Gewahrsamszelle im Dienstgebäude des Polizeireviers Dessau-Roßlau (2005). Das Verfahren wurde mehrfach eingestellt.  

Erst seit dem Mord an Walter Lübcke (Juni 2019) reagiert der Staat und erkennt an, dass unsere Gesellschaft ein Problem mit Rechtsextremismus hat. Das ganze letzte Jahr hat einige Spuren hinterlassen: der Anschlag in Halle, Morddrohungen gegen Politikern, der Anschlag in Hanau.

Aber noch wichtiger wäre es, anzuerkennen, dass das Grundproblem menschenverachtender Rassismus ist, und diesen zu bekämpfen. Lasst uns nicht von „Wiedervereinigung“ sprechen, denn in welche Zeit und welche Zustände würde uns eine Wiedervereinigung zurück führen?

Lasst uns also von einer echten Vereinigung sprechen. Der Weg zu diesem Ziel hat gerade erst begonnen. Wir brauchen mehr Mitstreiter*innen, mehr Aktivist*innen, die gemeinsam aktiv werden. Nicht nur in den digitalen Medien, sondern in der Feldarbeit vor Ort, denn die nimmt ab. Daher macht mit, solidarisiert euch, kämpft gemeinsam gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie – gegen Menschenverachtung.

Selber machen lassen!? – Gedanken zu Konzept und Realität des Staats

Aufgenommen vom kollektiv_textegegendienation

Wen der Wunsch nach einer gerechteren Gesellschaft antreibt, wird früher oder später auf die Frage stoßen: wie umgehen mit dem Staat? Sind zur Zeit nur die falschen Leute an der Macht oder ist ein linkes Regierungsprojekt von vornherein zum Scheitern verurteilt? Abschließend wird die Frage an dieser Stelle nicht zu beantworten sein, schon allein weil das Thema viel zu komplex ist, dieser Text soll aber zumindest anreißen, wieso eine linke Bewegung nicht um eine Kritik des Konzepts und der Realität des Staates drumrum kommt.

Take the keys or break the keys?

Schaut man sich in der gesellschaftlichen Linken um, wird man vor allem zwei gängige Positionen zum Thema Staat auffinden:
Die einen sind der Meinung, man müsse die Mittel, die durch die parlamentarische Demokratie zur Verfügung gestellt werden nutzen, also beispielsweise eine Partei gründen, mit dem Ziel als Staatsregierung eine emanzipatorische Politik umzusetzen. Als Beispiel hierfür kann man neben den Grünen und der Linkspartei auch breit gefächerte Bündnisse, wie Unteilbar, Fridays For Future oder Teile der LGBTQI+-Bewegung nennen.
Sie alle fordern einen Staat, der rechte Umtriebe ernst nimmt, sich um Klimaschutz sorgt, Antidiskriminierungsgesetze erlässt oder einen starken Sozialstaat, in dem jede*r ein Recht auf bezahlbaren Wohnraum oder einen Arbeitsplatz hat. Für diese Gruppierungen stellt sich der Staat als erst einmal neutrale Instanz dar, die sowohl positive als auch negative Veränderungen hervorbringen kann – je nachdem, wer grad »am Hebel sitzt«.
Konträr dazu finden sich vor allem linksradikale Gruppierungen, die ihre Emanzipationsbestrebungen nur unter Abwesenheit oder aktiver Ablehnung staatlicher Strukturen für umsetzbar halten. Für sie erscheint der Staat als Unterdrücker, den es mitsamt seiner Strukturen unmittelbar zu überwinden gilt.
Während der Versuch eine Massenbewegung zu bilden immer mit der Notwendigkeit von Kompromissen zwischen nicht miteinander vereinbaren Positionen einhergeht[1], beharren linksradikale/anarchistische Kleingruppen meistens auf ihrer Unversöhnlichkeit gegenüber den herrschenden Verhältnissen. Sie lehnen eine Verwässerung ihrer Positionen zugunsten höherer Anschlussfähigkeit ab.

Um zu klären, ob eine der beiden Positionen plausibler ist, gilt es aber erst einmal zu verstehen, was eigentlich die Funktion eines Staates ist.
Ein gesamtgesellschaftlich gängiges Verständnis des Staates ist das instrumentelle, also, wie eingangs erwähnt, jenes, dass es nur darauf ankomme, wessen Interessen in der Regierung vertreten seien. Eine linke Regierung zum Beispiel könne, wenn sie doch nur regieren würde, alle Übel aus der Welt schaffen.

Diese Idee impliziert, der Staat seie eine Art Kommandozentrale, die es nur zu übernehmen gelte[2]. Das Ganze ist aber leider komplexer.

Instrumentelles Staatsverständnis, Volkssouveränität und struktureller Klassencharakter

Um ihm näher zu kommen, ist ein Blick in die Geschichte nötig.

Gegründet wurden die modernen Verfassungsstaaten und Parlamente vom revolutionären Bürgertum im Kampf gegen Adel und Klerus. Sie sollten die bürgerichen Interessen (und damit das Privateigentum an Produktionsmitteln) verteidigen. Die alten Privilegien von gottgegebener oder durch Abstammung legitimierter Macht wurden durch die Prinzipien der Freiheit und Gleichheit ersetzt. Dies war natürlich erst einmal ein enormer Fortschritt – gleichzeitig etablierten sich so aber neue Mechanismen der Herrschaft.
Denn Arbeiter und Frauen waren von diesen neuen Prinzipien mehr oder weniger ausgeschlossen. Karl Marx benutzte in diesem Zusammenhang den Begriff des »doppelt freien Lohnarbeiters« – im Gegensatz zum Feudalismus waren die Arbeiter nun frei von direkten Herrschaftsverhältnissen, aber auch frei von Produktionsmitteln und somit ständig dazu verdammt, die eigene Arbeitskraft zu verkaufen – und damit wieder unfrei.
An diesem Umstand hat sich bis heute eigentlich nichts Grundlegendes geändert, genauso wenig, wie an der Aufgabe des Staates Privateigentum zu schützen.
Was der Staat allerdings später geschafft hat, ist, die Arbeiter zu integrieren – beziehungsweise, den ökonomischen, und damit auch tatsächlich politischen Ausschluss der Mehrheit der Gesellschaft sehr wirksam zu kaschieren. Denn natürlich führte und führt dieser Ausschluss immer wieder zu überbordendem Unmut, Protesten und Aufständen. Wenn der Staat allerdings so erscheint, als wäre er kein Organ der Herrschaft, sondern tatsächlich am Wohl aller interessiert, der Staat all seiner Bürger*innen – Volkssache also, dann richten sich Proteste höchstens gegen einzelne Akteure, nicht aber gegen den Staat und seine Prinzipien an sich.
In diesem Sinn kann auch die Einführung des allgemeinen Wahlrechts verstanden werden. Ein kühner Schritt der Bourgeoisie, denn im Prinzip wurde damit die eigene Macht untergraben, da das Parlament von nun an auch den antagonistischen Arbeitern offen stand. Felix Klopotek bringt den Gedanken dahinter in seinem in der »Jungle World« erschienen Text »Das Unbehagen der Demokratie«, in dem er sich Johannes Agnolis Werk »Transformation der Demokratie« widmet aber auf den Punkt: »Weil der Staat gegen alle Standesprivilegien das Prinzip der Volkssouveränität behauptet, transportiert er Staatsbürgerbewusstsein bis in die unteren Klassen hinein. Politisch darf sich nun auch der Lumpenproletarier als Bürger fühlen – eine enorme Integrationsleistung.«[3] und weiter:
»Anstatt, wie von der frühen Sozialdemokratie erhofft, die Klassenmacht des Proletariats zum Ausdruck zu bringen, verkörpere der Staat eine Sphäre, in der die Klassen verschwunden seien, ohne dass der Kapitalismus zu existieren aufgehört habe, so Agnoli: »Die Überwindung des Klassenstaates auf dem Boden einer kapitalistisch bleibenden Gesellschaft bedeutet praktisch, dass die politische Kraft der abhängigen Klasse gebrochen wird – und dass also der Klassenstaat nur den Klassenkampf von oben reproduziert.««[4]

Ein Ziel des Staats ist also, neutral zu erscheinen, obwohl er allein aus seiner Struktur heraus politisch war und ist.

Politisch in dem Sinne, dass er schon immer einen Klassencharakter besitzt, obwohl er, wie unter anderem der marxistische Theoretiker Nicos Poulantzas es herausarbeitete, nicht bloß das private Instrument der Bourgeoisie ist. Letzteres, zusammen mit dem Einbezug der beherrschten Klassen in seine Apparate – aber eben als beherrschte Klassen, führt gerade erst dazu, dass er eine gewisse Autonomie gegenüber der Ökonomie besitzt. Gleichzeitig bleibt er stets auf die Ökonomie und seine Aufgaben im kapitalistischen Reproduktionsprozess verwiesen – unabhängig von seinem Personal. – Und daran müssen auch linke Regierungen scheitern. Den Klassencharakter entwickelt der Verfassungsstaat aus seinen Grundprinzipien:«der Garantie des Privateigentums, der Sicherung der Rechtsgleichheit und Wahlfreiheit aller Individuen, der Verhinderung physischer Gewalt im Tauschakt.» [5]

Die relative Autonomie gegenüber der Ökonomie ist unabdinglich für die gesellschaftliche Hegemoniebildung, also seine, auch ideologische Vormachtstellung und Legitimation innerhalb der Gesellschaft. (Diese wird nicht nur über Zwang, sondern auch über Konsens hergestellt.) Poulantzas dazu: »Die Staatsapparate begründen und reproduzieren die Hegemonie, indem sie ein (variables) Spiel von vorläufigen Kompromissen zwischen dem Block an der Macht und bestimmten beherrschten Klassen inszenieren. […] Die relative Autonomie des Staates gegenüber einzelnen Fraktionen des Blocks an der Macht ist auch zur Organisierung der langfristigen und einheitlichen Hegemonie des Blocks an der Macht gegenüber den beherrschten Klassen notwendig. Deshalb legt er dem Block an der Macht, bzw. einzelnen seiner Fraktionen oft materielle Kompromisse auf, die für diese Hegemonie unerlässlich sind.« [6]

Genauer beschreibt das Jonas Fischer in seinem in der Phase 2 erschienen Text »Nun sag, wie hast du’s mit dem Staat«[7]

150+ Jahre Kompromisse

Ein weniger abstraktes Beispiel für die Kompromisse, die der Staat eingeht, um die Oberhand zu wahren, lässt sich anhand der mehr oder weniger zeitgleichen Einführung der Sozialgesetzgebung mit den Sozialistengesetzen durch Otto von Bismarck aus Angst vor einer Revolution in den späten 1870er Jahren aufzeigen. Um den Einfluss der SPD zu reduzieren, (die, wie zitiert, damals noch hoffte, den Staat für revolutionäre Politik nutzen zu können) ging er jenen Kompromiss ein, der besser bekannt ist als »Fördern und Fordern« – Moment, Pardon: »Zuckerbrot und Peitsche«.
Die neu eingeführten sozialen Sicherungssysteme, also Krankenversicherungen und Unfallversicherungen, stellten für die völlig verarmten Arbeiter natürlich erstmal eine konkrete Hilfe dar, sie dienten allerdings vor allem dazu, bei gleichzeitiger Repression gegen die tatsächlichen Arbeiterorgane, die Arbeiterschaft ideologisch an den monarchistisch-autoritären Staat zu binden. Hier zeigt sich auch, dass Sozialstaat und Repression zusammen gehören. Zu diesem Wechselspiel zwischen Integration und Repression kommen wir gleich noch einmal.
Klassenmacht und SPD in einem Satz, wie weiter oben im Text, klingt heutzutage durchaus paradox, wenn man bedenkt, dass gerade die SPD und die Grünen für die Einführung von Hartz4[8] verantwortlich sind. Aber gerade diese Entwicklung kann als Beispiel dafür fungieren, wie nicht nur der Staat linke Bewegungen integriert, sondern eben auch die gesellschaftliche Linke selbst oft genug zu falsches Spiel im Sinne des vermeintlichen »Gemeinwohls« spielt – in diesem Falle sogar besser als es konservative Kräfte überhaupt geschafft hätten. Natürlich sind nicht alle linken Regierungen so perfide, wie die damalige rot-grüne, Fakt bleibt aber, dass jede Regierung, unabhängig von ihrer Gesinnung das Geschäft des Staates übernehmen muss, das auf dem Boden des Kapitalismus notwendigerweise vor allen Dingen eine möglichst billige und reibungslose Kapitalverwertung bedeutet.
Vielleicht noch ein Beispiel zur Veranschaulichung: Ein autonomes Zentrum wird mit einem Dilemma konfrontiert werden, wenn es darum geht, die allgemeine Ausbeutung zu reduzieren. Mit dem Anspruch, auch ökonomisch schlechter gestellten Menschen eine gute Zeit zu ermöglichen, kann es versuchen, die Ticket- und Getränkepreise so niedrig wie möglich zu halten – so, dass sie gerade die laufenden Kosten decken. Will es aber gleichzeitig durch die Bezahlung der eigenen AZ-Crew Selbstausbeutung vermeiden, müssen die Preise wieder erhöht werden. Ausschluss oder Selbstausbeutung – auflösbar ist dieser Widerspruch ohne die Abschaffung des Kapitalismus nicht wirklich. Ein AZ bewegt sich natürlich in einem viel kleineren Rahmen, aber auch ein Staat mit linker Regierung wird seine anspruchsvollen, sozialen Projekte finanzieren müssen – und im Bezug auf den Werdegang der SPD oder als jüngeres Beispiel der Grünen darf sich die Frage stellen, ob die Regierungsbeteiligung wirklich ein Ziel sein kann und sollte.

Zurück zu sozialen Bewegungen

Gemäß dem Fall, dass der Staat den Fortbestand der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung gefährdet sieht, weil eine Bewegung deren Grundfesten in Frage stellt oder sogar anzugreifen droht, wird er also vor allem mit zwei verschiedenen Befriedungskonzepten operieren: Einerseits wird er versuchen die Bewegung mit Repression zu überziehen, und anderseits die Ziele der Bewegung zu entschärfen und in für ihn nicht länger bedrohliche Bahnen zu lenken. Das Verhältnis zwischen Repression und Integration variiert je nach zu befriedender Bewegung und ob es sich um einen eher liberalen oder autoritären Staat handelt.
Als Beispiel der jüngeren Zeit lässt sich an dieser Stelle der sehr unterschiedliche Umgang mit den beiden Klima-Bewegungen Fridays For Future und Ende Gelände nennen. Während Fridays For Future an die Vertreter*innen von Politik und Wirtschaft und deren Verantwortungsgefühl appelliert, widmet sich Ende Gelände einer direkteren Form der Mitbestimmung und setzt sich auch über gesetzliche Grenzen hinweg um seine Ziele zu erreichen. Daraus resultierend wird Ende Gelände als extremistisch diffamiert, repressiv behandelt und strafrechtlich verfolgt[9]. Zeitgleich genießt Fridays For Future aufgrund seines gemäßigteren Auftretens das Privileg des Bürger*innendialogs[10]. So werden Vertreter*innen der Bewegung zu Gesprächen mit hochrangigen Konzernchefs und Politiker*innen geladen um auf vermeintlicher Augenhöhe über gemeinsame Lösungen zu diskutieren. Jonas Fischer beschreibt das in der Phase 2 wie folgt: »Emanzipatorische Initiativen und Forderungen werden keineswegs vollständig unterbunden, jedoch ihrer ungebundenen gesellschaftlichen Basis entrissen und in rechtlich normierte Bahnen gelenkt, in denen der Konfliktverlauf und das Ergebnis kalkulierbar werden.«[11]
Im Falle von FFF versucht der Staat dann also, wenn nicht eh schon vorhanden, die »Verstaatlichung des Bewusstseins« voranzutreiben. – Er geriert sich als Ansprechpartner, als »Rahmen der Emanzipation«. Es erfolgt, falls die anfängliche Kritik überhaupt so radikal war, eine Reduktion der Produktionskonflikte auf bloße Umverteilungsfragen. Statt einer fundamentalen Kritik, mit welchem Ziel eigentlich produziert wird, geht es nur darum, wie das erwirtschaftete Kapital ein wenig gerechter oder ökologischer verteilt werden soll. Über »grünen« Kapitalismus lässt sich dann auch reden, solange man damit Geld verdienen kann. Über ein Ende der sinnbefreiten, endlosen Wertverwertung, eher nicht.

Es bleibt kompliziert.

Heißt das jetzt also, der Staat ist für emanzipatorische Zwecke völlig unbrauchbar?

Natürlich nicht: Parlamentarismus, ein Sozialstaat, Antidiskriminierungsstellen, ein öffentliches Bildungswesen etc. stellen natürlich auch konkrete Errungenschaften dar, die erkämpft werden mussten. Gerade während der Corona-Krise zeigt sich, wie sich die Bedingungen für Bevölkerungen ohne einen Sozialstaat noch verschlimmern – siehe USA[11]. Allerdings sollte eine soziale Bewegung immer mitbedenken, dass dem Staat an Interesse ist, ihre Forderungen abzuschwächen, beziehungsweise sie sich einzuverleiben und schlussendlich zu entpolitisieren. Wenn der Staat von vornherein nur mit Kompromissen konfrontiert wird, macht man es ihm nur leichter. Die Zivilgesellschaft kann sich ruhig damit begnügen zu fordern, dass arbeitsame Geflüchtete doch bitte auch in Deutschland bleiben dürfen – die Aufgabe der radikalen Linken sollte es aber sein, die Verhältnisse genau zu analysieren und aufs Ganze zu kritisieren mit dem Ziel, dass irgendwann niemand mehr beherrscht und ausgebeutet wird – auch wenn dieser Zustand so fern scheint, dass es manchmal vernünftig erscheinen mag, die beschissene, herrschende Ordnung zu verteidigen, so dass es nicht noch schlimmer wird.

Stellen wir uns mit unserem Grundantagonismus nun auf die Seite von Corona-Leugnern?

Nein – man kann einerseits Verschwörungstheoretiker*innen die Stirn bieten, auf die Weisungen des Robert-Koch-Instituts hören und gleichzeitig kritisieren, dass die Maßnahmen, die der Staat während der Corona-Krise trifft, vor allem der deutschen Wirtschaft dienen und das Allgemeinwohl mal wieder nur eine sekundäre Rolle spielt. Wäre dem nicht so, hätten nämlich zum Beispiel große Automobilwerke, in denen die Angestellten ohne Abstand am Fließband stehen müssen, für die Dauer der Krise einfach dicht gemacht, und dafür gesorgt, dass die Angestellten dennoch über die Runden kommen. Die Werkschließungen konnten schlussendlich aber oft nur durch Streiks erkämpft werden. [12] [13]

Apropos Streiks – im Gegensatz zu den ebenfalls vollkommen integrierten großen Gewerkschaften[14], stellen Basisgewerkschaften, wie die FAU ein recht gutes Beispiel dar, dass konkrete Forderungen nach höherem Lohn und besseren Arbeitsbedingungen sehr wohl mit dem Ziel der Abschaffung der Lohnarbeit an sich verbunden werden können.

Themen wie die staatstragende Rolle der Zivilgesellschaft, den Ausnahmezustand als antidemokratische Mechanik und den loyalisierenden Effekt des Parlaments konnten wir in diesem Text leider nicht ausführen.

Wir empfehlen in diesem Zuge die Beschäftigung mit z.B. folgenden Texten/Vorträgen:

»Polizei und Ausnahmezustand« von Olga Montseny, erschienen in »Kunst, Spektakel, Revolution #5«[15]

»Warum die Zivilgesellschaft gesiegt hat und dies nicht so sein sollte« von Otto Feige, erschienen auf theoriekritik.ch[16]

Den Mitschnitt zu Felix Klopoteks Vortrag »Zur Aktualität von Johannes Agnolis »Transformation der Demokratie« im Conne Island[17]

[1] Als Beispiel hierfür könnte man sicherlich diverse Anti-Nazi-Demos der letzten Jahre nennen, an denen sowohl Antifas, Kirchenverbände, krude Anti-imperialist*innen und die SPD beteiligt waren.

[2] Vielleicht dachten sich das auch Attila Hildmann und seine Nazi-Hippie-Clique als sie versuchten, den Bundestag zu stürmen.

[3] Jungle World, Das Unbehagen der Demokratie (https://jungle.world/artikel/2017/51/das-unbehagen-der-demokratie) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[4] ebd.

[5] Rosa-Luxemburg-Stiftung, Staatsfragen (https:// www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/rls-papers_Staatsfragen_0911t.pdf) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[6] Nicos Poulantzas, Staatstheorie. Politischer Überbau, Ideologie, Autoritärer Etatismus, Hamburg 2002 [1987], 171f.

[7] Phase 2, Nun sag wie hast du’s mit dem Staat (https://phase-zwei.org/hefte/artikel/nun-sag-wie-hast-dus-mit-dem-staat-742/) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[8] Jungle World, Der bewegte Mensch, (https:// jungle.world/artikel/2019/07/der-bewegte-mensch) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[9] »Ende Gelände« extremistisch?: Verfassungsschutzbericht, (https://www.sueddeutsche.de/ politik/geheimdienste-berlin-ende-gelaende-extremistisch-verfassungsschutzbericht-dpa.urnnewsml-dpa-com-20090101-200519-99-114139) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[10] Taz, Ein dreistes Angebot, (https://taz.de/Siemens-wirbt-um-FFF-Sprecherin/!5652243/) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[11] FAZ, In New York wird es schlimm – auf dem Land noch schlimmer? (https://www.faz.net/aktuell/ politik/wahl-in-amerika/in-corona-zeiten-wird-armut-zum-risikofaktor-in-den-usa-16697277.html) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[12] Der Blog »Solidarisch gegen Corona« berichtet immer wieder ausführlich über Arbeitskämpfe auf der ganzen Welt: (https://solidarischgegencorona. wordpress.com) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[13] Blick nach Spanien: Perspektive Online, 5000. ArbeiterInnen legen Produktion in Mercedes-Werk lahm, (https://perspektive-online.net/2020/03/5-000-arbeiterinnen-legen-produktion-in-mercedes-werk-lahm/)(letzter Zugriff: 15.09.2020).

[14] Phase 2, Nun sag wie hast du ́s mit dem Staat (https://phase-zwei.org/hefte/artikel/nun-sag-wie-hast-dus-mit-dem-staat-742/) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[15] Kunst, Spektakel, Revolution, Polizei und Ausnahmezustand, (http://spektakel.blogsport.de/bro-schur/broschur-5/olga-montseny-polizei-und-aus-nahmezustand/) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[16] theoriekritik.ch, Warum die Zivilgesellschaft gesiegt hat und dies nicht so sein sollte, (http:// www.theoriekritik.ch/?p=2528) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

[17] Audioarchiv, Zur Aktualität von Johannes Agnolis »Transformation der Demokratie« (http:// audioarchiv.blogsport.de/2019/01/21/zur-aktuali-taet-von-johannes-agnolis-transformation-der-demokratie/) (letzter Zugriff: 15.09.2020).

„[…] für das deutsche Vaterland“?! – Eine Kritik der deutschen Nationalhymne

vom kollektiv_textegegendienation

vom kollektiv_textegegendienation

Allzu gut kann ich mich an diesen absurden Moment im Musikunterricht erinnern, als wir unser Liederbuch aufschlagen sollten und plötzlich ging es auch schon los und die Klasse sang die deutsche Nationalhymne. Ich hatte nicht erwartet, dass dieses Lied in jenem Kontext in meinen Ohren ertönen würde und vielleicht konnte ich auch nicht verstehen, dass die Mehrheit das Unbehagen, welches ich ganz deutlich fühlte, nicht zu spüren schien. Eine kritische Auseinandersetzung blieb in diesem Unterricht aus. Anlass genug, um sich im Folgenden mit der Entstehung und der Bedeutung der deutschen Hymne zu beschäftigen.

Die heutige deutsche Nationalhymne bildet sich aus der dritten Strophe des Deutschlandliedes (auch: Lied der Deutschen) von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, welches er 1841 dichtete. Das Lied bringt den Wunsch nach nationaler Einheit zum Ausdruck und lässt sich somit in die Einheits- und Freiheitsbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einordnen, die aus der napoleonischen Herrschaft entstanden war. Joseph Haydn komponierte die Melodie, die zuvor für die österreichische Kaiserhymne genutzt wurde[1]. Erst in der Weimarer Republik wurde das Lied durch den Reichspräsidenten Friedrich Ebert (SPD) im Jahre 1922 als Nationalhymne deklariert, nachdem es im Deutschen Reich an Popularität gewonnen hatte. Im Nationalsozialismus wurde die erste Strophe des Deutschlandliedes und anschließend das Horst-Wessel-Lied als Hymne gesungen. Horst Wessel (NSDAP) war zur Zeit der Weimarer Republik „Truppführer“ der SA[2] in Friedrichshain (Berlin). Nachdem er 1930 von Albrecht Höhler (KPD) getötet wurde, wurde Wessel zum Märtyrer gemacht und propagandistisch instrumentalisiert, was sich unter anderem darin zeigt, dass sein selbst getextetes Lied (zuvor Kampflied der SA) bei öffentlichen Veranstaltungen ertönte[3]. Heutzutage fällt das Host-Wessel-Lied unter die Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das Singen ist somit strafbar; anders die Handhabe mit dem Deutschlandlied, welches vollständig gesungen werden darf[4]. Doch auch die erste Strophe des Liedes der Deutschen eignete sich beispielsweise durch Zeile 1 und 2: „Deutschland, Deutschland über alles, Über alles in der Welt“, besonders gut zur Rechtfertigung der deutschen Expansions- und Vernichtungspolitik. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es kontroverse Debatten um die Nationalhymne der BRD. Der Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) sowie Oppositionsführer Kurt Schuhmacher (SPD) setzten sich für das Deutschlandlied als Nationalhymne ein. Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss (FDP), der 1950 eine neue Hymne komponieren ließ, die allerdings wenig Zuspruch erfuhr, konnte nach einem Briefwechsel mit Adenauer überzeugt werden und so wurde schließlich 1952 das Deutschlandlied als Hymne beschlossen. Zu öffentlichen Anlässen sollte man sich jedoch mit der dritten Strophe begnügen. Nach der Wende 1989/90 wurde mit der Veröffentlichung eines Briefwechsels zwischen dem Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (CDU) und dem Kanzler Helmut Kohl (CDU) im Jahr 1991 beschlossen, dass die dritte Strophe des Deutschlandliedes die gesamtdeutsche Nationalhymne werden sollte[5]. Dem gingen Diskussionen über die Verschmelzung des Liedes der Deutschen mit der Nationalhymne der DDR (Auferstanden aus Ruinen) voraus. Die dritte Strophe des Deutschlandliedes ist mittlerweile fester Bestandteil des geeinten Deutschlands, was beispielsweise das Singen im Musikunterricht in der Schule, bei Feierlichkeiten wie dem Tag der deutschen Einheit, Staatsbesuchen oder die Präsenz bei Sportveranstaltungen zeigt.

Doch bei all dem Wirbel um das Lied, kann sich gefragt werden: Wozu das Ganze überhaupt? Die Nationalhymne stellt ein nationales Symbol dar. Sie soll ein Lied für Menschen einer gemeinsamen Sprache, mit gemeinsamer Kultur, Geschichte und Herkunft verkörpern. Nationalhymnen lösen bei den Singenden oft heftige Erregtheit und Leidenschaft aus, die mit der geschaffenen kollektiven Identität und dem beschworenen Nationalcharakter zusammenhängen. Sie ist in der Lage ihnen ein Gefühl der Gemeinschaft zu geben, welche real betrachtet in der Form nicht existiert, sondern nur in dem Moment des Singens an Wahrheit zu gewinnen scheint und sich dadurch behauptet und weiter manifestiert. Die Betonung des Gemeinsamen stellt somit immer auch ein Bild dessen dar, was und wer nicht dazugehören soll, sei es das Gegenteil des Gesungenen, Menschen, welche die gemeinsame Herkunft und Sprache nicht teilen oder Personen, die sich aus anderen Gründen mit der geschaffenen Identität nicht identifizieren können oder wollen. Nationale Zeichen implizieren aufgrund ihrer Begrenztheit immer auch Ausschluss. Mit der geschaffenen Wir-Situation geht automatisch ein „Ihr“ einher. Dies ist beispielsweise bei Länderspielen im Fußball zu beobachten, bei denen Nationalhymnen gesungen werden und Fremdenfeindlichkeit und Rassismus der Beteiligten gegen die gegnerischen Mannschaften aus anderen Ländern dominieren. Das Individuum als solches tritt bei den Anfeindungen in den Hintergrund und die Zugehörigkeit zu einer Nation wird als ausschlaggebendes Merkmal konstituiert. Auch der Text ist nicht wahrhaftig. Zwänge und soziale Ungleichheiten, die mit der Struktur eines Staates wie er heute vorhanden ist einhergehen, werden ignoriert; die nationale Gemeinschaft hingegen glorifiziert. Durch den Nationalismus wird die Bevölkerung als homogene Einheit deklariert und nationale Interessen als persönliche dargestellt[6]. Herrschaft soll durch die Nationalhymne Legitimation finden. Der Staat sichert dahingehend seine Souveränität ab: „Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften […] die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“[7]. Eine gefühlte und reale Ohnmacht gegenüber den gesellschaftlichen Verhältnissen kann durch das Besinnen auf die Nation überschattet und kompensiert werden[8]. Aus diesen Gründen werden Nationalhymen von völkischen und chauvinistischen Gruppierungen und Personen aufgegriffen. So zum Beispiel von der Partei AfD, die am 4. Mai 2019 beim „Süddeutschen Treffen“ des Flügels um Björn Höcke in Bayern die ersten beiden Strophen des Deutschlandliedes mitsang, was medial kurz Aufsehen erregte[9]. Von Bedeutung war das vollständige Lied der Deutschen ebenso in der im Jahre 2009 unter dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“[10]. Die dort indoktrinierten Kinder sollten am Ende eines jeden Lagers die sogenannte „Pimpfenprüfung“[11] bestehen, bei der unter anderem das Vortragen aller drei Strophen des Deutschlandliedes gefordert war, wie die Aussteigerin Heidi Benneckenstein berichtet.“[12] Auch vor antisemitischen Abwandlungen bleibt das Lied der Deutschen nicht verschont, was sich beispielsweise am 17. Oktober 2019 äußerte, als eine 21jährige Person in Berlin Mitte eine solche sang und den Hitlergruß zeigte[13].

Trotz der Reduzierung des Deutschlandliedes auf die dritte Strophe für die deutsche Hymne, gehören diese Zeilen zum Lied der Deutschen und können somit nicht von ihrem Kontext und der historischen Verwendung im Nationalsozialismus getrennt werden. Die deutsche Nationalhymne kann deshalb als Symbol für den Mangel an einer tiefgehenden Auseinandersetzung mit der Bedeutung eines Deutschlands nach 1945 gesehen werden. Auch Änderungen im Namen der Geschlechtergerechtigkeit wie sie Kristin Rose-Möhring (SPD) 2018 vorgeschlagen hat, das Wort „Vaterland“ in „Heimatland“ und „brüderlich“ in „couragiert“ umzuwandeln sind bezeichnend[14]. Diese Debatten führen dazu, dass das eigentliche Problem, als da wären das Besinnen auf die Nation, das vermeintlich „Eigene“, die „Heimat“ und die daraus entstehende Deutschtümelei, verkannt wird und lediglich Redewendungen in die Kritik geraten, aber nicht der Gegenstand als solches. Die deutsche Nationalhymne gilt es zu kritisieren, denn auch wenn sie eines Tages weniger patriarchal klingt oder ihr kurzzeitig in ihrer Entstehung ein befreiendes Moment anhaftete: Sie bleibt in ihrer Folge ein nationalistisch aufgeladenes Symbol, welches dazu dient den herrschaftlichen Status quo aufrechtzuerhalten und reaktionär zu wirken.

[1] Dorlis Blume, Lemo Lebendiges Museum Online, August Heinrich Hoffmann von Fallersleben 1798-1874, 2014, (URL: https://www.dhm.de/lemo/biografie/biografie-august-heinrich-hoffmann-von-fallersleben.html) (letzter Zugriff: 12.05.2020)
[2] Die Sturmabteilung (SA) war eine gewalttätige Kampftruppe, die 1921 entstand und sich nach ihrem Verbot aufgrund des misslungenen Hitler-Putsches (1923) im Jahre 1925 in die neu gegründete NSDAP eingliederte. Sie agierte gegen Jüdinnen*Juden und politische Gegner*innen.
[3] Bernd Kleinhans, Arbeitskreis Zukunft braucht Erinnerung, Horst Wessel (1907–1930), 2006, (URL: https://www.zukunft-braucht-erinnerung.de/horst-wessel/) (letzter Zugriff: 12.05.2020)
[4] Christoph Drösser, Zeit Online, Lied der Deutschen,2006, (URL: https://www.zeit.de/2006/28/Stimmt-s_P-28) (letzter Zugriff: 03.06.2020)
[5] Deutscher Bundestag, Die Nationalhymne, (URL: https://www.bundestag.de/parlament/symbole/hymne/hymne-197462) (letzter Zugriff: 11.04.2020)
[6] Thorsten Mense, Eine Ideologiekritik des Nationalismus, 2018, (URL: https://www.youtube.com/watch?v=23gq5DeFz70) (letzter Zugriff: 03.06.2020)
[7] Strafgesetzbuch, § 90a Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole Abs. 1 Nr. 2, Beck-Texe im dtv, 2018,S.73
[8] Thorsten Mense, Eine Ideologiekritik des Nationalismus, 2018, (URL: https://www.youtube.com/watch?v=23gq5DeFz70) (letzter Zugriff: 03.06.2020)
[9] Fabian Schroers, belltower.news, Björn Höcke, Bodo Ramelow und das „Lied der Deutschen“, 2019, (URL: https://www.belltower.news/debatte-um-nationalhymne-bjoern-hoecke-bodo-ramelow-und das-lied-der-deutschen-84885/) (letzter Zugriff: 03.06.2020)
[10] Oliver Das Gupta, Süddeutsche Zeitung, „In der HDJ steckt viel NPD“, 2009, (URL: https://www.sueddeutsche.de/politik/heimattreue-deutsche-jugend-in-der-hdj-steckt-viel-npd-1.392292) (letzter Zugriff: 02.07.2020)
[11] Im Nationalsozialismus wurden alle 10 bis 14-Jährigen Anhänger des Deutschen Jungvolks als „Pimpfe“ bezeichnet.
[12] Heidi Benneckenstein, Ein deutsches Mädchen Mein Leben in einer Neonazi-Familie, Tropen, Stuttgart 2017, S. 70
[13] Tilman Bärwolff jungle.world, Deutsches Haus #43, 2019, (URL: https://jungle.world/artikel/2019/43/deutsches-haus-43) (letzter Zugriff: 06.05.2020)
[14] Der Tagesspiegel, „Heimatland“ statt „Vaterland“?, 2018, (URL: https://www.tagesspiegel.de/politik/deutsche-nationalhymne-heimatland-statt-vaterland/21030122.html) (letzter Zugriff: 11.04.2020)

Glücksversprechen versus deutsche realität

Oder: Wieso hasst ihr Deutschland nicht alle?

Von der URA Dresden

Aufgnommen vom kollektiv_textegegndienation

Deutschland feiert sich immer noch und kaum eine*r stört sich daran. Nachdem die Ideen einer gerechten und freien Gesellschaft mit Füßen getreten wurden, galt mit dem Fall Mauer das Glücksver-sprechen der kapitalistischen Heilslehre nun auch für die, die im Schatten der Mauer 40 Jahre lang vermeintlich Mangel leiden mussten. Mit dem Fall des real existierenden Sozialismus und dem damit einhergehenden Ende der Geschichte[1]hat sich der Kapitalismus im Wettstreit der Ideologien angeblich durchgesetzt. Demokratie und Marktwirtschaft haben gewonnen – Diktatur, Willkür und Terror sind für immer überwunden.[2]Widersprüche im Hier und Jetzt? Gibt es nicht (mehr), die unsichtbare Hand wird es schon richten. Wenn wir einmal ausblenden, dass Fanatiker*in-nen im Namen Allahs und Arschlöcher wie beispielsweise Orbán, Putin und Erdoğan den Sieg über Diktatur, Willkür und Terror gekonnt ausblenden, und dass der Kapitalismus ein einziger Widerspruch in sich ist, wäre man fast geneigt den Prediger*innen des freien Marktes Recht zugeben. Egal! Nach der „Wende“ stand dem kleinen Bruder nun offiziell die ganze Welt offen, war der Plattensee nicht mehr das Ende der Welt und Bananen wuchsen nun das ganze Jahr auch in der Uckermark. Blühende Landschaften sollten „wieder“ entstehen, „in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.“[3]Hier könnte jetzt die Frage gestellt werden, auf welchen Teil der deutschen Geschichte Kohl mit seinem „wieder“ abzielte, allerdings würde dies hier zu weit führen. Tat-sache ist, dass die aktuelle Etappe des deutschen Sonderweges mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die gemütlichste und wohligste Etappe bisher ist. Seit 75 Jahren herrscht Frieden – auf deutschem Boden -, der bürgerlich-kapitalistische Rechtsstaat postuliert die Garantie von Freiheit und Demokratie und der hiesige Normalvollzug wird tatsächlich ohne größere Störungen aufrecht erhalten. Selbst eine Pandemie bringt die Deutschland AG, im Vergleich zu anderen Zwangsanstalten, nicht wirklich vom Kurs ab.

Bestes Schland ever? – Das Glücksversprechen …

In den hiesigen Breitengraden kann durchaus festgehalten werden, dass wir in Zeiten leben, die, objektiv betrachtet, noch nie so friedlich und propper waren wie die heutigen. Wie gesagt: Kein Krieg auf deutschem Boden seit 75 Jahren. Wenn du dir nur genug Mühe gibst, ein paar Grundregeln beachtest und mit angespitzten Ellenbogen durch das Leben gehst, kannst du hierzulande angeblich alles erreichen. Die Regale sind voll, Benzin ist billig und kik gleich um die Ecke. Hier, im Land der Gewaltenteilung, existiert auf dem Papier durchaus eine gerechte Gesellschaftsform, in der positive wie negative Freiheiten gewährleistet sind und Menschen – mit deutschem Pass – den Schutz ihrer Grundrechte zur Not auch einklagen können. Doch auch „Nichtdeutsche“ und Minderheiten genießen hierzulande einen nie dagewesenen Rechtsschutz, wenn auch der Schutz des Privateigentums immer noch allerhöchste Priorität besitzt. Politische Verfolgung, im großen Stil, gibt es auch nicht mehr, wieso auch? Dissidentes Verhalten – also im progressiven Sinne und nicht mit der Fahne des Reiches in der Hand und der Aluminiumbommel um den Hals – ist heutzutage nicht sonderlich en vogue[4] – man kann es sich ja schließlich schön gemütlich einrichten im Falschen. Auch wenn Corona uns allen so ein wenig ein Schnippchen geschlagen hat, nach dem Bewältigen der Krise wird es sicher nicht so lang dauern, dass uns der Arbeitsmarkt als entspannt und die offiziellen Arbeitslosenzahlen als vergleichsweise gering verkauft werden. Das ist gut, besteht doch in der (Lohn-)Arbeit – im Kontext des protestantischen Arbeitsethos – der Sinn des Lebens und größtmöglicher Quell persönlicher Glückseligkeit. Der deutsche Staatshaushalt ist relativ ausgeglichen und das soziale Netz, im Vergleich zu vielen anderen Ländern, immer noch recht engmaschig. Deutschland hat es endlich geschafft sich einen Platz an der Sonne zu verschaffen, die deutschen Einflusssphären sind so groß wie nie – und das alles ohne Angriffskrieg. Im politischen Wettstreit der Zwangsanstalten gibt Deutschland, zumindest in der EU, den Takt vor, und selbst als gütiger und gönnerhafter Helfer kann sich aufgespieltwerden, sind „wir“ doch sooo fleißig und die europäischen Vorzeigedemokrat*innen. Im Zuge der „Flüchtlingskrise“ konnte sich zu guter Letzt selbst Otto-Normal-Kartoffeln als Mutter Teresa aufspielen – das menschenverachtende Dahinsiechen in der Hölle Moria oder das jämmerliche Ersaufen im Mittelmeer sind für den Altruismus der Mehrheitsgesellschaft dann aber wohl doch zu weit weg.

… und die Realität

Alles gut also im Deutschen Haus? Mitnichten! Auch wenn sich das deutsche Kollektiv dank exportierter Arbeitslosigkeit und Lohndumping als Klassenbeste präsentiert, der Traum vom guten Leben, welches der Kapitalismus für alle bereit halten soll, ist längst ausgeträumt. Die unsichtbare Hand, lediglich bürgerlich-kapitalistische Ideologie: „Der Markt regelt sich selbst.“ „Ah. Deswegen bekommtdie Lufthansa Milliarden und der Gesundheitssektor lediglich Applaus.“ Gewirtschaftet wird nicht zum Wohle aller, sondern zur Kapitalakkumulation weniger. Das Glücksversprechen, eine Mär. Selbst der Spruch: „Jede*r kann reich werden, nur eben nicht alle.“ ist falsch. Es geht schon damit los, dass die Grundvoraussetzungen zur Glückssuche nicht sonderlich fair sind. Allein der Zugang zu (Aus-)Bildung ist abhängig von sozialem Stand und/oder vermeintlicher Herkunft. So sind die Hürden für einen Mehmet höher als die eines Christians, wenn es darum geht eine Ausbildung oder einen Job zu finden. Vor den selben Problemen stehen Kids aus prekären Verhältnissen. Hinzukommt, dass Frauen* in Sachen Lohn und Arbeitsbedingungen immer noch ungleich behandelt werden. In der Regel bekommen Frauen*, deren Aufgabe meist immer noch in der Reproduktion [5] gesehen wird, weniger Lohn für die selbe Arbeit als Männer. Zudem haben weiße Hetero-Männer nicht mit (Alltags-)Diskriminierung zu kämpfen. Aber auch das sogenannte Ost-West-Gefälle ist Realität, und das, gerade im Osten, beliebte Spiel Stadt-Land-Flucht steht den blühenden Landschaften nicht selten entgegen. Aber immerhin kannst du, zum Glück, überall hin, wenn du es dir leisten kannst. Über das Steuer- und Abgaben-system hierzulande wollen wir uns hier gar nicht erst groß auslassen. Doch halten wir kurz fest, dass Steuergerechtigkeit und Solidaritätsprinzip anscheinend Auslegungssache und sehr dehnbare Begriffe sind. Der bis heute wohl gelittene Sozialstaat wird immer weiter erodiert und verkommt zusehends zu einem Sanktionierungsapparat für die, die sich dem Verwertungsprozess nicht unterordnen können oder wollen. So wurde die sogenannte Hartz-IV-Regelung auch 2016 wieder verschärft und die Persönlichkeitsrechte der Hartz-IV Empfänger*innen weiter beschnitten. Naja, wenn das Leben, wie ständig propagiert, im Dienst der Arbeit zu verstehen ist, ist halt auch der Zwang zur Arbeit legitim. Aber auch Dritten, die sich der Auskunft über ihre ALG II beziehenden Mitbewohner*innen und Nachbar*innen verweigern, drohen bis zu 5ooo Euro Bußgeld.6Doch nicht nur Sanktionen und Bußgelder machen den „Unnützen“ zu schaffen. Hartzer*innen und Menschen in Lohn und Brot werden permanent gegeneinander ausgespielt, indem ständig das Bild der faulen, arbeitsscheuen Prolls reproduziert wird – „Asozialen-Sight-seeing“ erreicht im Privatfernsehen immer noch regelmäßig hohe Einschaltquoten – und denen, die nichts haben, die Schuld daran gegeben wird, dass der Sozialstaat schrumpft. Im Gegenzug wird auf diese Weise denen, die einer Lohnarbeit nachgehen, ständig vor Augen geführt, dass dieses Leben auch ihnen droht, wenn sie sich nicht einordnen – Sanktionen des Jobcenters und Hartz-IV-Dschungel als Drohkulisse. Die Angstmache vor dem sozialen Abstieg ist für Vater Staat zwar nützlich, aber auch gefährlich, da bei unzufriedenen Bürger*innen immer auch die Gefahr besteht, dass sie aufbegehren könnten. Um dem Vorzubeugen, gibt es das konstruierte „Wir“ der deutschen Werte- und Schicksalsgemeinschaft. Denn in dem unübersichtlichen, globalisierten Wettstreit der nationalen Zwangsanstalten, in dem „die Anderen“ an „unseren“ Honigtopf wollen, muss der Volkskörper, über jeden inneren Zwist und jegliche Ungleichvertei-lung hinweg, zusammenstehen. Denn: niemand beißt die Hand, die eine*n füttert! Und für den Notfall wird der Repressionsapparat ausgebaut – neue Polizeigesetze allenthalben – und die Polizei militärisch hochgerüstet. Die Vorbereitung für urbaneAufstandsbekämpfung in naher Zukunft, die durch die Klimakrise, oder irgend eine andere, Mad Max erlebbar machen wird. Aber wenigstens versichert uns der Heimathorst, dass der Repressionsapparat keine strukturellen Probleme hat, zumindest keine rassistischen. Puh! Allerdings brach sich große überraschung Bahn, als vor kurzem bekannt wurde, dass es hierzulande ein Problem mit Rechts und rechter Gewalt gibt. Selbst der Heimathorst und sein Verfassungsschutz warnten vor rechter Gewalt. Mit dem Erkennen und Benennen eben jener Rechter tut man sich allerdings noch schwer. Bisher erkennt man, wenn überhaupt, nur den sogenannten „Einzelfall“. Diese soll es übrigens auch in der Bundeswehr und der Polizei geben. Für uns ergibt sich spätestens hier ein Widerspruch zu Hotte Seehofers Blick auf die nicht existenten strukturellen Probleme der Exekutive, aber naja… Als Vergangenheitsbewältigungsweltmeister haben wir die letzten 75 Jahre schließlich bewiesen, dass man menschenverachtende Einstellungen, Rassimus, Antisemitismus, … umgehen kann. Quasi, friedlich koexistieren.

Quo vadis?

Wir wollen hier nicht in Reformismus verfallen, Regulativ des Sozialstaates spielen oder gar mehr Staat fordern. Wir wollen Aufzeigen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit des Hier und Jetzt auseinander klaffen! Ausgrenzung, Abwertung und Ungleichverteilung sind keine unschönen Zufälligkeiten. In einer Gesellschaftsordnung, die auf Ausbeutung und Konkurrenz basiert, sind diese Phänomene schlicht die logische Konsequenz eben jener Ordnung. Dies muss die radikale Linke schaffen in die Breite der Gesellschaft zu transportieren, ohne in verkürzte Erklärungsansätze zu verfallen. Wir wissen um die Tatsache, dass die „Revolution“, so wie wir sie uns wünschen, nicht
vor der Tür steht. Deswegen muss eine radikale Linke, will sie die Zustände zum Besseren hin
umwerfen, vom verranzten Elfenbeinturm runter und raus aus den Alternativen/Autonomen
Zentren. Auch wenn sichere Rückzugsräume im Kampf für eine bessere Welt unverzichtbar sind,
müssen wir uns den Widersprüchen zwischen den eigenen Ansprüchen und der Realität stellen und versuchen einen Umgang mit ihnen zu finden.

Ziel muss es sein, dem Katechismus des Kapitalismus etwas entgegenzusetzen, was dessen perfide Logik nicht nur für einige wenige transparent macht. Aber nicht nur. Es muss ebenso Ziel sein, dass Solidarität und Empathie wieder Praxis werden, nicht nur, wenn es mal wieder zum nächsten Soli-Cocktail-Stand geht. Trotz alledem dürfen wir dabei nicht den Fehler begehen hinter unsere eigenen Ansprüche und Standards zurückzufallen. Reformismus ist keine Alternative!

[1] Fukuyama, Francis, 1992: Das Ende der Geschichte. Wo stehen wir jetzt? München

[2] Denn was Gewalt ist und was nicht, bestimmt euer Gesetz. Und das ist es, dem niemand von uns traut!” Kapitulation B.o.N.n. , “die Abrechnung” Album: “Feuer” 2005

[3] http://www.helmut-kohl.de/index.php?msg=555

[4] Nein! (Neo-)Nazis, Pegida, AfD & Co. sind niemals dissident, da von „rechts“ keine radikale
Kritik an den bestehenden Zuständen kommen kann und deren Ideen immer Gewalt, Macht und
Herrschaft (re-)produzieren werden.

[5] Gemeint ist hier die Reproduktion von Leben, der Arbeitskraft des Mannes – durch Haushalt &
Co. – sowie der Reproduktion der eigenen Arbeitskraft, durch Selbstoptimierung.

[6] https://www.jungewelt.de/2016/07-30/021.php

Abriss der herrschenden Absurdität

von einem Mitglied der Gruppe Spektrum 360

Von Spektrum360

Mit Beginn des neuen Jahrzehntes und der Covid-19 Pandemie verschärften sich die Klassenaspekte global so deutlich wie zuletzt zur Bankenkrise von 2008. Weltweit fielen Menschen in Arbeitslosigkeit und dadurch in Existenznöte. Immer lauter wurden die Rufe nach staatlichem Handeln, nach Subventionen und Hilfen. Von der CDU über die Sozen bis zu Linkspartei – ein*e jede*r entdeckte seinen verschollen geglaubten Keynesianismus wieder und faselte von Konjunkturprogrammen und Hilfspaketen.

Die systematische Krisenhaftigkeit des Ganzen wurde von allen Zugängen wieder einmal ignoriert. Und während die einen in autoritären Maßnahmen aufgingen, halluzinierten die anderen sich antisemitische Weltbilder zusammen. Erst der Mord an George Floyd wirkte wie ein Schnitt durch den Corona-Schleier. Gleichzeitig offenbarten die anschließenden Debatten sowie Riots vielen Menschen, welche Gewalt überhaupt vom Staat ausgeht.

Angesichts dessen bieten nicht nur die Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen der Deutschen Einheit einen Anlass grundsätzlich Gedanken über Staat, Nation und Kapital zu formulieren.

Falsche Hoffnungen

Ob Extinction Rebellion, Greenpeace oder Attac – was diese Gruppen eint ist die Hoffnung auf eine bessere Politik. In guter Absicht werden dann Forderungen gestellt, die aber hauptsächlich eines implizieren: der Staat wird es schon richten. Ohne wirkliche Reflexion wird somit ein umsichtiges Handeln von dem Akteur erwartet, welcher die ungerechten Zustände ermöglicht und bis dato stillschweigend trug. Wenn der Staat also mächtig genug ist uns diese und jene Privilegien zu gewähren, so ist er auch mächtig genug sie uns wieder zu nehmen. Derartige Forderungen stellen demzufolge immer nur einen Burgfrieden dar, welcher nie dem grundsätzlichen Problem an die Schläfe will: dem Kapitalismus.

Diesem heimlichen Staatsfetisch wohnt jedoch noch eine ganz andere Tücke bei: sie vernebelt die Erfolge und Erfahrungen von Bewegungen. Prozesse der Emanzipation wie Riots oder Streike werden delegitimiert und ihre Errungenschaften institutionalisiert. Politiker*innen setzen sich an Speerspitze und predigen das, wozu man sie zwang. Dies führt zur Reproduktion des gesellschaftlichen Scheins und politischer Ohnmachtserfahrungen im selben Maße.

Staat & Subjekt

Geht es um eine grundlegendere Kritik am Staat so ist es eine triste Erkenntnis, dass die Menschen stets als bürgerliche Subjekte – also Staatsbürger*innen – existieren. Für Menschen besteht keine Wahl, ob sie eine Staatsangehörigkeit besitzen wollen oder eben nicht. Bereits mit der Geburt empfangen wir somit eine Reihe an Rechten, aber eben auch an Pflichten.

In vielen linken Zusammenhängen wird der Staat von der ökonomischen Konstellation abgeleitet. Diese Ableitung verkennt jedoch den Charakter des Staates. Denn sie konzipiert ihn als etwas Wesenloses. Dies bedeutet in der Umkehr, dass der Staat nur mit den richtigen Inhalten zu füllen sei. Häufig werden in dieser Erklärung der Staat und die positive Bezugnahme auf ihn, den Nationalismus, als eine Ideologie der Eliten, also als bewusstes Herrschaftsinstrument, verstanden. So lassen sich die oben genannten Phänomene auch einordnen.

Aber selbst antiimperialistische Ableitungen, welche stets einen revolutionären antistaatlichen Pathos inszenieren, sind haltlos. Ihr blindes Vertrauen in die Massen ist lediglich Ausdruck dieser oben genannten Wesenslosigkeit des Staates und damit kein Antagonismus. Sie verkennen also auch den Begriff von Staat und Nation.

Bei der Wesensfindung geht es aber nicht darum Nationalismus als aufgezwunge Verschleierungsideologie zu reduzieren. Oder wie die Bürgerlichen es tun: ihn als eine Ideologie einer kleinen Gruppe von Nazis zu begrenzen. Vielmehr muss eine Staatskritik den Nationalismus als objektiven Wahn der kapitalistischen Gesellschaft zu verstehen wissen. Dies liegt an der Tatsache, dass die Subjekte in der bürgerlichen Gesellschaft im selben Maße politische Subjekte sind wie wirtschaftliche. Mit anderen Worten: Bourgeoise und Citoyen.

Ein Staat ist kein Staat

Ausgehend von einer ganz allgemeinen Staatskritik, welche selbst in linksradikalen Kreisen vernachlässigt wird, ist es wichtig nicht auf dieser zu verharren. Ganz praktisch äußert sich das daran, dass die Lebensrealitäten und Privilegien sich weltweit von Staat zu Staat differenzieren. Dasselbe gilt besonders für die Entstehung, Legitimation und Geschichte der einzelnen Staaten und Nationen selbst. Eine Verallgemeinerung ‚ein Staat sei ein Staat sei ein Staat‘ ist somit hinfällig und historisch ungenau. In diesem Zusammenhang ist auch das lästige ‚Israel ist auch nur ein Staat wie jeder andere. ‘ zu widerlegen.

Die nackte Frage nach der Umsetzung von Staat und Nation verweist dabei ganz automatisch auf das, was als deutsch verstanden werden kann. Es ist die historisch deutsche Antwort auf die Sozialfrage, welche das Mordkollektiv schuf und die Shoa ermöglichte. Deutsch meint also nicht einen territorialen oder ethnischen Charakter wie häufig unterstellt wird. Vielmehr begreift es eine polit-ökonomische Konstellation, welche sich als antibürgerliche Revolte artikuliert und sich in der negative Vergesellschaftung äußert. Das Verhältnis von Nation zur Arbeit sowie die Integration von letzterem in den Staat weist historisch das Potential des Staatfetischs auf. Die Wahnhaftigkeit, die abstrakte Seite des Kapitalverhältnisses zu biologisieren und liquidieren zu können, äußert sich konkret im Antisemitismus. Diesen gilt es gerade heute als Basisideologie des Kapitalismus zu erkennen wie zu kritisieren.

30 Jahre Scheußlichkeit

Zurück im 21. Jahrhundert lässt der Blick auf die Feierlichkeiten anlässlich der Widervereinigung nur Böses erahnen. Anders als häufig unterstellt, trauert eine solche Kritik keiner DDR nach. Unter den oben genannten Überlegungen zur Nation als Basisideologie der bürgerlichen Gesellschaft ist es nur logisch das sowas wie Staatssozialismus reiner Murks ist und die SED nix mit Kommunismus am Hut hatte.

Nichtsdestotrotz lässt sich die Wiedervereinigung der deutschen Nation selbst heute noch als problematisch erachten. So verschwand mit ihr die letzte offensichtliche Konsequenz aus 2 angezettelten Weltkriegen deutscher Wahnvorstellungen. Dieser Schwund ebnete eine Ära des neuen Nationalbewusstseins der Deutschen. Demütig und reuevoll ergab sich der Nationalcharakter. Die Deutschen wurden dank Guido Knopp und zig Denkmälern zum Erinnerungsweltmeister. Der Publizist Wolfgang Pohrt schrieb bereits vor vielen Jahren. „Zwei angezettelte Weltkriege böten, so meint man weiter, die besten Startbedingungen, wenn es um den ersten Platz unter den Weltfriedensrichtern und Weltfriedensstiftern geht – frei nach der jesuitischen Devise, dass nur ein großer Sünder das Zeug zum großen Moralisten habe. Je schrecklicher die Sünde, desto tiefer die Buße und Reue, je tiefer die Buße und Reue, desto strahlender am Ende die moralische Überlegenheit.“ Somit entstand des Phänomen, dass „gerade wir als Deutsche“ wissen was Faschismus sei und was nicht.

Dass die Erben des „Dritten Reiches“ sich jedoch weder einen Begriff vom Faschismus noch von der bürgerlichen Gesellschaft machen ist nicht verwunderlich. Die praktische Realität dessen ließ sich an den gesellschaftlichen Debatten nach BLM-Protesten erblicken. So wagten es tatsächlich Menschen auch die deutschen Polizeiorgane auf Rassismus unter die Lupe zu nehmen. Doch anstatt rassistische Morde in Polizeigewahrsam oder den autoritären Missbrauch zu kritisieren, versicherten alle politischen Akteure in deutscher Korpsgeistmanier den demokratischen Charakter der Staatsorgane.

Andererseits, und dies ist in Bezug auf die Wiedervereinigung auch nach 30 Jahren eben noch brandaktuell, öffnete man mit der raschen Eingliederung der ehemaligen DDR die ökonomische Büchse der Pandora. Dominik Intelmann beschrieb in seinem lohnenswerten Vortrag die Ostdeutschen als Volk ohne lokale Bourgeoise. Die Folge der schnellen Einführung der D-Mark sowie der Privatisierungspolitik der Treuhand führte kurzer Hand zum nahezu kompletten Zusammenbruch der ostdeutschen Produktion. So entstand eine ökonomische Konstellation, in welcher die neuen Bundesländer in ständiger Abhängigkeit von Ausgleichzahlungen existieren. Was dieses Verhältnis von Altschuldenreglung, Soli und Länderfinanzausgleich auf psychologischer Ebene bedeutet lässt sich seit 2015 eindrucksvoll beobachten.

Sachsen ein deutscher Musterschüler

Am sächsischen Beispiel ist wohl klar, was es bedeutet im 21. Jahrhundert besonders deutsch zu sein. Staats- und Arbeitsfetisch der Sachsen äußern sich in einem offensiven und aggressiv ausgetragenen Ressentiment. Die sogenannte Erosion der Zivilgesellschaft ist jedoch nicht mehr als die nackte Gestalt des Zwei-Frontenkrieges der Subjekte. Diese leben dabei stets in doppelter Abwehr: auf der einen Seite fundamental antisemitisch und in halluzinierender Notwehr gegen die „Übermenschen“, anderseits strukturell rassistisch gegen die „Unmenschen“.

Das linksliberale Bashing über den Jammerossi ist in diesem Zusammenhang dann meist nur inhaltslose Ideologie. Es ist befremdlich, wenn diese Kritiker*innen vom Dunkeldeutschland reden und ein jedes Mal erneut über Pogrome oder Wahlerfolge entsetzt sind. Dies zeigt nicht nur eine Abwesenheit von einer umfassenden Kritik der gesellschaftlichen Zusammensetzung und deren Potentiale, sondern gleichzeitig die Identität eines besseren Teils dieses Landes. Dass die Wiedergutgewordenen und ihre Vorfahren die Demokratie aufgezwungen bekommen haben wird still und heimlich verschwiegen. Und dass Antifaschismus in Verbindung eines moderaten Gedenkens mittlerweile eine einverleibte Staatsräson ist und somit eine staatstragende Rolle anstatt staatszersetzende einnehmen ist diesen Kritiker*innen auch egal.

Schlussendlich ist den meisten Leser*innen wohl die Unsinnigkeit des 03. Oktobers und seiner Feierlichkeiten genauso bewusst wie die von Staatlichkeit im Allgemeinen. Deswegen ist es vor allem wichtig die Kritik grundsätzlich zu schärfen und aus historischen Ereignissen sowie Fehlern zu lernen. Eine ideologiekritische Herangehensweise in vollendeter Negativität ist deshalb Ursprung jeder Kritik für ein besseres Morgen.

Anmerkung:

Dieser Text wurde von einem Mitglied der Gruppe Spektrum 360 verfasst. Die Gruppe sieht sich als regionales Sammelbecken in der erzgebirgischen Provinz & hat demzufolge verschiedene Perspektiven und Diskurse.

Zum Weiterlesen oder Nachhören:

[1] Dr. Stephan Grigat: „Zur Kritik der Nation“; abgerufen auf https://www.youtube.com/watch?v=-x8W3Yfr2rQ

[2] Dr. Stephan Grigat: „Was heißt: antideutsch“; abgerufen auf: https://cafecritique.priv.at/antideutsch.html

[3] Dominik Intelmann „Mit Marx in den Neuen Bundesländern: Viel Staat, keine Bourgeoisie“; abgerufen auf: http://kantine-festival.org/audiobar/

[4] Joachim Bruhn: „Was deutsch ist“

„Verfassungsschutz“ – Die Institutionalisierung des Rechtsextremismus in den neuen Bundes­ländern

Von Copwatch Leipzig – https://copwatchleipzig.home.blog/

Aufgenommen von Sören Kohlhuber

Vor 30 Jahren wurde in den neuen Bundesländern der Inlandsgeheimdienst nach dem schon seit 1950 bestehenden westdeutschen Vorbild eingerichtet. Zum Jubiläum wollen wir daher noch mal auf die Rolle eingehen, die der Verfassungsschutz bei der Institutionalisierung des Rechtsextremis­mus spielt(e). An einigen Vorfällen in den Gründerjahren der Behörden wird deutlich, welche fatale politische Grundprämisse dieser Institution zu Grunde liegt, sodass die einzige Konsequenz für den Schutz der Verfassung die Abschaffung aller Verfassungsschutzbehörden sein kann.

Die Grundlagen des Fiaskos

Der sogenannte Verfassungsschutz (VS) hat die Aufgabe, Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokra­tische Grundordnung zu beobachten. Damit kommt ihm eine gewisse Definitionsmacht zu, was die­se denn überhaupt sein soll. So wurde der Kapitalismus durch die Einstufung der Berliner Ortsgruppe von Ende Ge­lände oder der VVN-BdA als „linksextrem“ – im Gegensatz zu Antifa­schismus – zur Grundlage der bundesrepublikanischen Verfassung erklärt. Möglich wird das durch die Kon­struktion eines „Linksextremismus“ durch die sog. Extremismustheorie1, die – obwohl wissen­schaftlich nicht haltbar2– bis heute theoretischer Unterbau des Verfassungsschutzes ist. Eine parla­mentarische oder gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Überwachungsmaßnahmen findet kaum statt, während die Innenministerien, denen die Behörden bzw. Abteilungen auf Bundes- und Lan­desebene meist nachgeordnet sind, ihre schützende Hand über alles halten. Eine nicht zu ver­schweigende Beteiligung an dem ungestörten Wirken und der zugrunde liegenden politischen Hal­tung kommt der CDU/CSU zu – so fallen die meisten Amtsjahre des BfV Parteifreunden zu und an der Shoah beteiligte Nazika­der wurden durch sie in die Behörde berufen.3
Durch die Aufarbeitung des NSU-Komplexes sind viele ungeeignete und bürger*innenrechtsfeindli­che Methoden, strukturelle Defizite, untragbare Mitarbeiter*innen der Behörden bekannt geworden. Zu einem Umdenken in den Behörden hat dies allerdings nicht geführt. „Zwar mussten einige Be­hördenleiter ihren Schlapphut nehmen. Für sie rückten wie im Fall von Gordian Meyer-Plath [jetzi­ger LfV Präsident in Sachsen, Anm. d. Verf.] genau solche Mitarbeiter nach, die als V-Mann-Führer operativ Verantwortung dafür tragen, dass wegen rassistischer Morde verurteilte Nazis [u.a. Szcze­panski] vorzeitig aus der Haft entlassen und der Hinweis auf die Bewaffnung des NSU vergessen wurden. […] Im Zu­sammenhang mit dem NSU-Komplex wurden lediglich drei Disziplinarverfah­ren eingeleitet, aber 57 Beförderungen von Mitarbei­tern im Bereich Rechtsextremismus vorgenom­men.“4

Der Aufbau im Osten

Die sog. Aufbauhelfer waren hochrangige Beamt*innen aus dem Westen, die den Verfassungs­schutz in den neuen Bundesländern aufbauen sollten. Der Befürchtung, der Verfassungsschutz wer­de in den neuen Bundesländern als „neue Stasi“ begriffen, wurde sowohl in der Schwer­punktsetzung ih­rer Arbeit als auch personell mit einer konsequent entgegengesetzten Ausrichtung begegnet. Es wur­den also vermehrt linke (vermeintlich sozialistische, kommunistische und anarchistische) Projekte in den Fokus genommen, während nur Menschen ohne Stasi-Vergangenheit neu eingestellt wurden. Die westdeutschen Behörden waren vor dem Hintergrund des Kalten Krieges und der Akti­vitäten der RAF von einer antikommunistischen Haltung geprägt, was sich auch dadurch verstärkte, dass eine Entnazifizierung in der BRD kaum stattgefunden hatte. Das Resultat war eine gezielte Ver­harmlosung von Rechtsextremismus und die verschärfte Verfolgung von Linken.

Sachsens Verfassungsschutz wurde mit Hilfe des bayrischen LfV aufgebaut, erste Präsidentin – ei­ner Geheimdienstbehörde in Deutschland überhaupt – war Mathilde Koller.5 Spätestens ab 1996 kam es zur Überwachung von linken Projekten (u.a. Conne Island – linksalternatives soziokulturel­les Zentrum) und Personen.6 Im Gegensatz dazu war die Beobachtung von den Rechts­terrorist*in­nen des in Kontakt stehenden sog. NSU und Blood&Honor (ver)schleppend gelaufen.7 Bereits ab 1998 wusste der VS Sachsen (sowie Brandenburg, Thüringen und BfV), dass das Kerntrio bewaff­net war und Raubüberfälle beging und dass sie sich in Sachsen aufhalten.8 Die Fehler – insbes. Un­terschlagen von Informationen – waren so gravierend, dass LfV-Präsident Boos (1999-2002 und 2007-2012) zurück trat. Präsident Stock (2002-2007) musste nach der sog. Sachsensumpfaffäre9 gehen.
Brandenburgs erster LfV-Präsident wurde der Sozialdemokrat Wolfgang Pfaff, der davor Terroris­tenfahnder bei der Bundesanwaltschaft war. In seine Amtszeit fällt die Anwerbung und Belohnung des schon ein­gangs erwähnten V-Mannes Carsten Szczepanski, der beste Kontakte zum Ku-Klux-Klan, Blood&Honor und dem untergetauchten NSU-Trio hatte. „Insgesamt rechnete der Dienst für seine Quelle »Piatto« zwischen 1994 und dem Auffliegen im Jahr 2000 rund 50.000 Mark Prämien ab. Hinzu kommen Zuwendungen, Bewirtungen und vor allem Fahrdienst-Wohltaten. Agenten wie Meyer-Plath kutschierten ihren Informanten wohin der wollte.“10
In Sachsen-Anhalt wurde der VS durch den damaligen Innenminister Wolfgang Braun aufgebaut, der selbst inoffizieller Mitarbeiter der Kriminalpolizei gewesen sein soll. Dieser holte sich Hilfe vom Privatdetektiv Klaus-Dieter Matschke der jahrelang als freiwilli­ger Informant gearbeitet hat. Sein V-Mann-Führer war „Josef Boinowitz […], damals Chef einer mysteriösen Haussicherungs­gruppe des hannoverschen Verfassungsschutzes, genannt die ‚Sieben Samurai‘. Die Gruppe fahnde­te mit fragwürdigen Methoden nach Spionen und undichten Stellen im eigenen Apparat.“11 Matsch­ke schob zudem eine Berufung einiger CDUler der niedersächischen „Skandalregierung“ unter MP Albrecht auf hohe Posten in Sachsen-Anhalt an. Diese kam aber durch öffentlichen Druck wegen dem Bekanntwerden der Machenschaften Matschkes doch nicht zustande.12
Auch der erste Präsident Volkmar Seidel des LfV Mecklenburg-Vorpommern musste die Behörde 1994 wegen eines Korruptionsfalles verlassen.13 In dem ostdeutschen Bundesland, in dem der sog. NSU mordete, wurden die zahlreichen Verbindungen der ansässigen Neonazis zum untergetauchten Kerntrio nicht aus­reichend vom VS bearbeitet. „Gemeinsame Urlaube und gegenseitige Besuche verfestigten das per­sönliche Verhältnis zwischen den Jenaer und Rostocker Neonazis bereits ab Mit­te der 1990er Jah­re.“14 Die Aufklärung der Verfehlungen des VS dauert an, weil sich im Schweriner Landtag bis 2018 die parlamentarischen Mehrheiten für einen Untersuchungsausschuss nicht fan­den.
Thüringens15 Verfassungsschutz wurde ab 1994 durch Helmut Roewer aufgebaut. Dieser ist heute gern gese­hener Gast und Autor bei der AfD, der Jungen Freiheit oder rechtsextremen Burschen­schaften, während das Land seine Pension bezahlt. Seine Personalie war die Motivation für unseren Text. Verfolgt und diskreditiert wurden seinerzeit vor allem die Anti-Atom-Proteste und die PDS. Sein Top-Infor-mant für die militante Neonaziszene war Tino Brandt, ein Kader des Thüringer Heimat­schutzes. Er bekam 100.000 Mark „Entschädigung“ und all seine 30 Strafver­fahren wurden einge­stellt. Seine Informationen beschränkten sich auf die Ankündigung von Demos, während Schieß­übungen und die straffe bundesweite Organisation wohl nicht zur Sprache kamen. Ein weiterer Grund für das Erstarken der Naziszene und des sog. NSU war Roewers Machtkampf mit dem LKA Thü­ringen unter Uwe Kranz, der dazu beitrug, dass die untergetauchten Terrorist*innen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe nicht von der Polizei gefunden wurden, obwohl Brandt telefo­nisch mit ihnen Kontakt hatte. Fatale Fehler waren die Übergabe von 2.000 Mark vom LfV an Brandt, um für sie Pässe zu besorgen oder zu organisieren, dass ein antisemitisches Spiel („Pogromly“) für sie vertrie­ben wur­de. Die „Versuche“ das Kerntrio aufzufinden, haben erwartbarerweise zu nichts geführt – sie haben sich 2011 selbst enttarnt. Auch durch die V-Mann-Tätigkeit des NPDler und Ex-Bundeschefs der Deutschen Nationalen Par­tei, der durch den Verfassungsschutz stolze 15.000 Mark reicher wurde, oder den Sektionsleiter von Blood and Honour, konnte die bundesweite Na­ziszene wachsen und ge­deihen. In Sicherheit wiegen konnten sie sich durch ein 1996 vom VS Thüringen herausgegebenes Thesenpapier, dass das terroris­tische Potential der Neonazisten ver­harmloste. Roewer selbst gründe­te 1997 unter falschem Namen einen Verlag, der durch die Veröf­fentlichung von Aufsätzen von VS-Mitgliedern zur öffentlichen Stimme des VS werden sollte, „der sich vor allem aus rechtskonserva­tiven, geschichtsrevisionis­tischen und antisemitischen Dekmus­tern und -texten speist.“16 Darüber hinaus produzierte er über den Verlag einen „Lehrfilm“, der reine Propaganda für rechte Ideologien darstellt. Ungereimtheiten über ungewöhnlich hohe Honorare füh­ren schließlich zu Roewers längst überfälligen Suspendierung im Jahr 2000.
Der Feind stand für ihn immer links. Diese Einstellung teilte er mit vielen „Aufbauhelfern Ost“, die die Sicherheitsarchitektur in den neuen Bundesländern gestalteten. Und so ist es bis heute wie man bei den Personalien Hans-Georg Maaßen17 und Gordian Meyer-Plath sehen kann.

Die Kampagne Entnazifizierung JETZT! möchte weiter Licht in die Blackbox Sicherheitsapparat werfen, um die Verstrickung mit Rechten – wie sie sich in Uniter, Nordkreuz und im Hessischen Polizeiskandal gezeigt haben – zu kritisieren und endlich die Entnazifizierung nachzuholen, die es nach dem zweiten Weltkrieg nicht genug gegeben hat. Dazu muss auch darauf hingewirkt werden, dass die absurde Gleichsetzung von „links“ und „rechts“ aufhört und die massive Bedrohung, die eine Faschisierung für unsere Gesellschaft hat, entschieden bekämpft wird. Denn das ist die historische Verantwortung, in der wir seit 30 bzw. 75 Jahren stehen und die immer noch Grundlage unserer Politik ist:

Nie wieder Deutschland! Nie wieder Faschismus!

1 „Im Extremismuskonzept bilden Rechts- und Linksextremismus die entgegengesetzten Endpunkte eines Kontinuums, dessen Zentrum die demokratische Mitte bildet.“https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/200099/kritische-anmerkungen-zur-verwendung-des-extre­mismuskonzepts-in-den-sozialwissenschaften.
2 Kopke/Rensmann: „Die Extremismusformel. Zur politischen Karriere einer wissenschaftlichen Ideologie“, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 45/2000, S. 1451–1462.
3 „Hubert Schrübbers (1955 – 1972): Während das Präsidentenamt in der Behörde von Hubert Schrübbers bewohnt wurde, wurden auffällig viele Positionen im Amt von ehemaligen SS-Funktionären besetzt. Das Ganze fiel allerdings erst richtig auf, als Schrübbers Vorgeschichte bekannt wurde: In der NS-Zeit war der Jurist für zahlreiche Klagen gegen jüdische und ausländische Menschen verantwortlich. Er zog die Konsequenzen und trat in 1972 von seinem Amt zurück.“ https://www.maz-online.de/Nachrichten/Politik/Die-gefallenen-Chefs-des-Verfassungsschutzes
4 https://www.blackbox-vs.de/
5 http://magazin.spiegel.de/EpubDelivery/spiegel/pdf/13683498
6 http://media.de.indymedia.org/2014/05/354421.shtml
7 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/geheimakten-bei-sachsens-verfassungsschutz-keine-verbindung-zu-nsu-a-843941.html
8 Von der Behrens: „Das Netzwerk des NSU, staatliches Mitverschulden und verhinderte Aufklärung“, in: Kein Schlusswort, 2018, S. 289.
9 http://www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/korruptionsaffaere-in-sachsen-die-dunkle-seite-der-macht/980400.html
10 https://www.nsu-watch.info/2015/02/v-mann-portraet-carsten-szczepanski/
11 https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13489037.html
12 Ebd.
13 https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8706481.html
14 https://www.nsu-watch.info/2017/08/der-nsu-in-mecklenburg-vorpommern-kaum-interesse-an-aufklaerung/
15 Folgende Informationen stammen aus den sehr zu empfehlenden Beiträgen: Hemmerling: „Eine Frage der inneren Sicherheit“, in: Extreme Sicherheit, 2019, S. 278 ff.; Von der Behrens: „Das Netzwerk des NSU, staatliches Mitverschulden und verhinderte Aufklärung“, in: Kein Schlusswort, 2018, S. 229 ff.
16 Hemmerling: „Eine Frage der inneren Sicherheit“, in: Extreme Sicherheit, 2019, S. 287.
17 Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz 2012-2018, abberufen und ins Innenministerium befördert nach der Relativierung rassistischer Angriffe auf Geflüchtete in Chemnitz September 2018.

Von Äpfeln und Birnen

Oder warum die DDR nicht mit dem Nationalsozialismus gleichzusetzen ist

Die Entstehung der Bundesrepublik Deutschland, wie sie heute existiert, mit dem Mauerfall, dem Ende der DDR und schließlich der „Wiedervereinigung“, lernen wir in der Regel als demokratische Erfolgsgeschichte kennen – als Sieg der Friedlichen Revolutionäre über die letzte Deutsche Diktatur oder auch als überwindung der beiden „totalitären Regime“ des 20. Jahrhunderts. Auffällig ist: die Erzählung vom Ende des deutschen Staatssozialismus1 scheint nicht ohne den Bezug auf „die andere deutsche Diktatur“ auszukommen – den Nationalsozialismus.
In der Schule allzu oft sehr unkritisch nebeneinandergestellt, am liebsten in Form einer Vergleichstabelle mit zwei Spalten – links die Merkmale des „roten Terrors“ rechts die Merkmale des „braunen Terrors“ – von historischen Museen plastisch auf einen Nenner gebracht – sich zwei gegenüberstehende Schaufensterpuppen in Kindergröße, eine mit blauem Pionierhalstuch, ihr in die Augen starrend; die andere in der braunen Uniform der Hitlerjugend – in ostdeutschen Stadtbildern gleichermaßen „pfiffig“ im öffentlichen Raum kritisiert – die Plastik eines in sich zusammengesunken Männchens, am linken Arm eine rote Armbinde, die Hand zur Faust geballt, der rechte Arm gereckt zum Hitlergruß2 – das Verhältnis zwischen den beiden historischen Zeitabschnitten, denen, zumindest auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, am meisten erinnert und gedacht wird, scheint sich in der Meinung der breiten Mehrheit irgendwo zwischen strukturell ähnlich bis hin zu gleichbedeutend zu bewegen.

Während ersteres bereits methodisch strittig ist, muss letzterem in jedem Fall klar widersprochen werden. Die Grenzen vom einen zum anderen sind dabei fließend: so können die zwei Schaufensterpuppen, die auf einen Vergleich der zwei Jugendorganisationen abzielen, zwar sehr bildlich deutlich machen, dass beiden Systeme die Massenmobilisierung von Kindern und Jugendlichen zu eigen war. Was eine solche Darstellung aber definitiv nicht leisten kann, ist, über die sehr leicht getroffene Feststellung, in beiden Systemen habe Uniformierung und Militarisierung junger Menschen stattgefunden, hinauszukommen. Welche Weltbilder dem zugrunde lagen, wird komplett ausgespart. Stattdessen wird die Vorstellung nahegelegt, es handele sich um zwei gleichermaßen autoritär-militärische Systeme. Was also vielleicht als anschaulicher Vergleich gelabelt wird, kann unter diesem Gesichtspunkt auch als klare Gleichsetzung gewertet werden.

Warum allerdings genau das problematisch ist, soll im folgenden Text kurz dargelegt werden. Im Kontext der kritischen Auseinandersetzung mit den Ereignissen der Jahre 1989/90 in Deutschland und den Feierlichkeiten dazu, ist es dringend notwendig, sich mit der Grundhaltung, die in diesem Vergleich mitschwingt und dem Ziel, welches der Gleichsetzung zu eigen ist, zu beschäftigen.

Vorneweg sei gesagt, dass ein antinationales und autoritätskritisches Verständnis, wie es uns als Autor*innenkollektiv dieses Zines zugrunde liegt, selbstverständlich verlangt, die DDR als autoritären Staat grundsätzlich zu kritisieren. Keineswegs soll hier unterschlagen werden, dass es sich bei der DDR um einen Staat handelte, der über ein perfides überwachungs- und Bespitzelungssystem verfügte, innerhalb dessen Menschen um Freiheiten kämpfen und dafür teilweise mit ihrem Leben bezahlen mussten.3 Die DDR war eine extrem träge Einparteiendiktatur, die strafend auf kleine Unstimmigkeiten reagierte und die Niederschlagung freiheitlicher Bewegungen unterstütze.4 Und dennoch darf sie nicht mit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gleichgesetzt werden – nicht zuletzt weil dies auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem DDR Regime selber verhindert.

Der Drang, genau diese beiden Regierungen in eine Relation zueinander zu setzen, geht auf eine Idee zurück, die sich ursprünglich eigentlich nicht auf den Nationalsozialismus und die DDR, sondern auf die frühe Sowjetunion und den italienischen Faschismus bezog: die Totalitarismustheorie.

In den 1920er Jahren in Italien von katholischen Antifaschisten formuliert, um die neue Herrschaftsform Faschismus, wie sie sich unter Mussolini herausgebildet hatte, zu verstehen, wurden damit verschiedene, sich zeitgleich entwickelnde Ideologien unter dem Begriff „totalitär“ zusammengefasst. Zu den Charakteristika dieser totalitären Gesellschaftsformen gehörten in dieser Analyse unter anderem ein Einparteiensystem, die Unterdrückung bürgerlicher Freiheitsrechte, eine Geheimpolizei, die Militarisierung der Gesellschaft, eine zentralisierte Jugenderziehung und die Indoktrination durch staatlich vereinnahmte Massenmedien. Später, in den 1950er Jahren, wurde die Theorie von der in die USA emigrierten deutsch-jüdischen Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt weiterentwickelt.5 Sie wiederum verengte den Totalitarismusbegriff auf die stalinistische Sowjetunion6 und den Nationalsozialismus. Während Arendt in ihrer Analyse vor allem die Frage nach der Freiheit des Individuums und dem terroristischen Staat in der Massengesellschaft stellte, wurde die Totalitarismustheorie während des Kalten Krieges umgedeutet und im Kampf zwischen Osten und Westen ideologisch instrumentalisiert. Um die Kriegsmaßnahmen gegen den Ostblock weiterhin zu legitimieren, wurde der Begriff „totalitär“ auf die Sowjetunion gemünzt, und auch auf die politisch an ihr orientierten Staaten angewendet. Dazu zählte auch die DDR. Hatte Hannah Arendt noch für einen sparsamen Umgang mit dem Begriff der „Totalität“ plädiert und gegen dessen Verwendung für die realsozialistischen Staaten des Ostblocks nach dem Entstalinisierungsprozess7, erfuhr er nach dem Zerfall der Sowjetunion noch einmal Hochkonjunktur, auch in Bezug auf die DDR. So sprossen in den 90er Jahren in den neuen Bundesländern der BRD reihenweise Museen aus dem Boden, die als demokratiefördernde Maßnahme versuchten „beide Traumata“ der Deutschen Geschichte gleichermaßen zu behandeln, endlich mit „dem Terror des 20. Jahrhunderts“ abzuschließen und ein einendes nationales Geschichtsnarrativ zu schaffen. Das, was vom Totalitarismusbegriff in diesen Einrichtungen schließlich geblieben ist, ist weniger an Arendts durchaus starken Interpretation, als vielmehr am propagandistischen Zweck des Kampfes gegen die realsozialistischen Staaten Mittel- und Osteuropas orientiert. Hierbei geht es aber, wie bereits erwähnt, nicht um den Kern, den ideologischen Unterbau der Systeme, sondern nur um den Vergleich des Herrschaftsintrumentariums – also einzelner Mittel zur Durchsetzung von Macht. Verglichen werden beispielsweise Massenmedien und Propaganda, Jungendorganisation, Führerkult oder überwachung. Das alles mag es sowohl im nationalsozialistischen Deutschen Reich als auch in der DDR gegeben haben. Was aber fehlt, ist, dass das eine System das Ziel der Schaffung eines einheitlichen „deutschen Volkskörpers“ verfolgte und infolgedessen einen „Rassenkrieg“ vom Zaun brach, während das Andere als „Antifaschistischer Staat“ die Gegenantwort darauf darstellten wollte. Während in der NS-Ideologie Rassismus, Sozialdarwinismus8 und Antisemitismus eine zentrale Rolle einnahmen, gewissermaßen das Grundgerüst des zwölf Jahre andauernden, in sich geschlossenen Terrorregimes bildeten, versuchte die DDR aus ihren Bürger*innen mithilfe staatlicher Erziehung parteitreue Sozialist*innen zu machen, die schließlich eine neue, kommunistische Gesellschaft formen sollten. Sicherlich war auch die DDR geprägt von unterschwelligem Rassismus und Antisemitismus. Der große Unterschied ist aber, dass diese Form von Diskriminierung nicht die Grundlage des Systems bildete, sondern sich unter anderem aus gesellschaftlichen Kontinuitäten aus der Zeit des Nationalsozialismus ergaben, die die DDR-Staatsführung jedoch geflissentlich unter den Teppich zu kehren versuchte. So lohnt es sich, anstatt beide Staaten plump nebeneinander zu stellen, genau diese Fortführung früherer Phänomene zu untersuchen und dabei miteinzubeziehen, dass es sich bei dem SED-Staat9 nicht um ein aus sich selbst heraus entstehendes Terrorregime handelte. Die DDR bestand 40 Jahre, veränderte sich dabei (träge) und war zu einem guten Teil auch ein Produkt aus der Ost-West Konfrontation des Kalten Krieges.

Das alles sollte ausreichen, um deutlich zu machen, warum ein Vergleich auf diese Weise oberflächlich bleibt und eine Gleichsetzung nicht funktionieren kann. Was das Ganze aber am ausdrücklichsten problematisch gestaltet, ist die Relativierung der NS Gewaltherrschaft, die dabei mitschwingt. Die Einmaligkeit des Holocaust wird durch einen Vergleich – jeglicher Art, aber insbesondere mit dem Arbeitslagersystem der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR – in Frage gestellt. Die Shoah, als industrialisierte, durchbürokratisierte Massenvernichtung jüdischen Lebens in Europa, der Porajmos, als hunderttausendfacher Tod von Romn*ja und Sinti*zze, die Euthanasie, der tausende alte, schwache, kranke, behinderte und zu solchen gemachte Menschen zum Opfer fielen, die massenhafte Ermordung sogenannter „Gemeinschaftsfremder“ und „Asozialer“10, Homosexueller, Angehöriger religiöser Minderheiten, politisch Widerständiger und Oppositioneller – das alles ist mit keinem anderen Ereignis der Geschichte in seinem Maß an Grausamkeit vergleichbar. Wer die DDR mit dem NS-Regime gleichsetzt oder aber die ideologischen Grundfesten des Nationalsozialismus ausblendet – wie es der totalitarismustheoretische Ansatz zuweilen tut – der droht, die Gewaltverbrechen, die zwischen 1933 und 1945 stattfanden, zu relativieren, zu verharmlosen, zu bagatellisieren. Ganz real kommt das einer Verhöhnung der Opfer gleich. Hinterfragenswert ist ganz allgemein, inwiefern hiermit überhaupt etwas anderes als die Befeuerung von Opferkonkurrenzen geschaffen werden kann. Auch wenn sich gerade neue Ansätze eines System- und Ideologievergleichs entwickeln, die für sich selbst beanspruchen über eine totalitarismustheoretische Betrachtung hinauszugehen 11, müssen sich insbesondere Vergleiche zwischen DDR und NS-Staat dem Verdacht stellen, sie würden sich dessen bedienen. Was hiermit deutlich gemacht werden soll, ist, dass sich aber genau das immer haarscharf am Rand der Gleichsetzung bewegt und diesen manchmal auch klar überschreitet. Es bleibt also noch einmal das Plädoyer für eine Nachzeichnung von Kontinuitäten stark zu machen, die statt eines oberflächlichen Vergleichs beispielsweise auf Fragen von gescheiterter Entnazifizierung, bis heute andauernder, zum großen Teil versäumter „Widergutmachungsprozesse“, auf angemessenes Gedenken oder rechte Organisierung in den Nachfolgestaaten des NS-Regimes hinweisen kann.

1 In der Schule wird die DDR häufig als Beispiel für die praktische Umsetzung der kommunistischen Idee auf Staatsebene verwendet, und als Begründung dafür, warum so ein System, welches auf der Idee des Kommunismus basiert nicht funktionieren kann, herangezogen. Dass es dabei aber ganz verschiedene Definitionen von Kommunismus gibt wird dabei ausgeblendet. Unserer Idee von Kommunismus entspricht das autoritäre Regime der DDR keineswegs, weswegen in diesem Text der Begriff des „Staatssozialismus“ oder „Realsozialismus“ zur Beschreibung des Gesellschaftssystems der DDR verwendet werden soll.

2 Die Bronzestatue „Der Jahrhundertschritt“ von Wolfgang Mattheuer steht unter anderem vor dem Zeitgeschichtlichen Forum in Leipzig.

3 Die Zahl der Opfer der Mauer, die die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland markierte, liegt nach neuestem Stand bei 140 bis 327. Diese Zahl ist höchst strittig und variiert, je nachdem, wer in diese Opferzahl mit eingerechnet wird, inwiefern auch ungeprüfte Fälle mit aufgenommen werden und welche Quellen dazu herangezogen werden. Vgl. hierzu bspw.: Chronik der Mauer. Eine multimediale Dokumentation der Geschichte der Berliner Mauer 1961 bis 1989/90. Langzeit-Kooperationsprojekt des Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) mit der Bundeszentrale für politische Bildung und Deutschlandradio, 2019, [URL: http://www.chronik-der-mauer.de/todesopfer/], (Zugriff zuletzt: 15.05.2020).

Website der FU Berlin, Pressemitteilung – Studie: Dem DDR-Grenzregime fielen an der innerdeutschen Grenze insgesamt 327 Männer, Frauen und Kinder aus Ost und West zum Opfer, 2017, [URL: https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2017/fup_17_155-studie-opfer-des-ddr-grenzregimes/index.html], (Zugriff zuletzt: 15.05.2020).

4 Beispielsweise war die DDR an der gewaltsamen Niederschlagung des „Prager Frühlings“ 1968 in der tschechischen Hauptstadt Prag beteiligt. Mehr dazu beispielsweise hier: Holger Kulick, Prag 1968: Der Einmarsch des Warschauer Pakts im überblick, 2018, [URL: https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/prag-1968/274360/ueberblick-karte-der-einmarsch-1968] (Zugriff zuletzt: 23.05.2020).

5 Vgl. Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Antisemitismus, Imperialismus, totale Herrschaft, München/ Zürich, 2008.

6 Josef Stalin war zwischen 1922 bis zu seinem Tod 1956 Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und ab 1946 Vorsitzender des Ministerrats der Sowjetunion. Während seiner diktatorischen Herrschaftszeit kam es im sowjetischen Vielvölkerstaat zu „politischen Säuberungen“, die etwa 19 Mio. Todesopfer forderten, darunter machtpolitische Gegner, politisch Andersdenkende, aber auch ethnische und religiöse Minderheiten.

7 „Entstalinisierung“ bezeichnet den Prozess, der nach dem Tod Josef Stalins 1953 in der Sowjetunion und ihren Satellitenstaaten einsetzte. Im Rahmen dessen kam es – teilweise! – zur Rehabilitierung von Opfern des stalinistischen Terrors, zum Rückbau des unter Stalin entwickelten GuLAG (Arbeits- und Straflager)-systems und dem Rückgang des stalinistischen Personenkults. In der DDR setzte sich dieser Prozess nur partiell durch. Zwar verschwand der Name Stalins aus dem öffentlichen Raum, aus Schulbüchern, Straßen- und Vereinsnamen, aber das stalinistisch geprägte, brutale und restriktive Vorgehen gegen politische Gegner wurde nicht in Gänze reformiert.

8 Sozialdarwinismus bezeichnet die übertragung der von Charles Darwin entwickelten, naturgesetzlichen Prinzipien wie Auslese, Kampf ums Dasein, Anpassung an die Umwelt, Vererbbarkeit erlernter Fähigkeiten auf den sozialen Bereich. Die vom Sozialdarwinismus behauptete „natürliche“ Ungleichheit der Menschen wurde von der Rassenideologie des Nationalsozialismus übernommen, um die überlegenheit der „arischen Rasse“ zu untermauern sowie die Ausmerzung „rassenfremder“ Bevölkerungsteile und den Kampf um „Lebensraum im Osten“ zu rechtfertigen.

9 Die SED war die alleinregierende Partei der DDR – „Sozialistische Einheitspartei der DDR“ – und sollte die Vereinigung zwischen SPD und KPD darstellen.

10 Bei den Begriffen „Gemeinschaftsfremde“ oder auch „Asoziale“ handelt es sich um von den Nationalsozialisten geprägte Quellenausdrücke, die eine äußerst diverse Opfergruppe umfassen. Aus diesem Grund wird hier darauf zurückgegriffen, die Wörter aber durch Anführungsstriche markiert. Für weiteres dazu vgl. bspw. Wolfgang Ayaß, „Asoziale“ im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995.

11 Die Totalitarismustheorie und die Debatte darum werden in der Geschichtswissenschaft bereits (teilweise) als überholt bezeichnet. So gibt es Ansätze, die versuchen jenseits bzw. über alle totalitarismustheoretischen Ansätze hinaus zu vergleichen. Allerdings stehen bei diesen Vergleichen die stalinistische ära der Sowjetunion und das NS-Regime im Vordergrund. Während diese Inbezugsetzung schon eher funktionieren kann, beispielsweise hinsichtlich der Frage nach dem Kern moderner „Barbarei“, bleibt der Vergleich zwischen DDR und NS unhaltbar. Davon wird, vor allem auf internationaler Ebene, aber auch abgesehen. Ein Beispiel: Michael Geyer/ Sheila Fitzpatrick, Beyond Totalitarianism: Stalinism and Nazism Compared, Cambridge 2008.

Zum Scheitern verurteilt? – Linke Opposition in der DDR

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“Im offiziellen Selbstverständnis der DDR war für eine innere Opposition, für eine Opposition, die aus den Widersprüchen dieser Gesellschaft erwuchs, kein Platz.”[1] Die Führung der DDR sah ihren Staat bereits als vollendete Form des Sozialismus an. Demzufolge unterschied man nicht zwischen legitimer innerer Opposition und illegalen Untergrundaktivitäten. Alles wurde gleichermaßen als illegitime, “konterrevolutionäre” Bestrebungen behandelt und mit aller Härte strafrechtlich verfolgt. Dies war ein zentraler Grund für die Gründung des Ministeriums für Staatssicherheit, kurz MfS, welches unter anderem die Zerschlagung und Prävention von Arbeit oppositioneller Gruppen zur Aufgabe hatte.

Das Heilsversprechen der DDR lag in der kontinuierlichen Steigerung des materiellen Wohlstandes, im Tausch gegen politische Konformität seitens der Bevölkerung. Neben der Kriminalisierung der Opposition, war dieser “Gesellschaftsvertrag” Teil eines Konzepts zur Entpolitisierung der Bevölkerung. Allein die Nicht-Beteiligung an vom Staat vorgesehenen Handeln war an den Verlust zahlreicher Privilegien geknüpft. Wer beispielsweise als Kind aus christlichem Elternhaus nicht bei der Jungpionier[2]– oder Thälmannpionierorganisation war, wurde von gewissen klasseninternen Aktivitäten ausgeschlossen. Auch die Möglichkeit des Studiums an einer Hochschule war an die FDJ-Mitgliedschaft gebunden. Umgekehrt führte die aktive, der SED-Linie treue Teilnahme zur Erhöhung des Lebensstandards. Wie konnten sich also diesen Umständen zum Trotz oppositionelle Gruppen bilden?

Die Bindung von sozialem und materiellem Wohlstand an die Teilnahme an staatlich bestimmten Aktivitäten widersprach dem Freiheitsverständnis einiger. Ebenso hatten auch die massive Repression einen Gegeneffekt zur Folge. Denn je repressiver ein System desto legitimer der Widerstand dagegen. So bildeten sich in den 70ern und 80ern zwar immer wieder oppositionelle Gruppen. Diese waren jedoch massiver Unterdrückung ausgesetzt. Regelmäßige Verhöre und Überwachung waren an der Tagesordnung. Dementsprechend blieb die Anzahl an aktiven Oppositionellen vergleichsweise klein. Eine exponierte Rolle spielte die Kirche. Sie war oft Ort für Treffen kritischer oder oppositioneller Kreise und Gruppen. Denn durch Religionsfreiheit und Kirchenrecht geschützt konnten hier zumindest in gewissem Maße Inseln des Widerstandes entstehen. Diese waren jedoch äußerst heterogen zusammengesetzt. Der Opposition zuzuordnen waren in Folge der Aufrüstung in Ost und West entstehende Friedensbewegungen, eine sich entwickelnde Umweltbewegung, sowie Bürgerrechtler*innen und Dissident*innen.[3]
Beispielhaft soll an dieser Stelle die Vereinigte Linke betrachtet werden. Sie entstand in der Endphase der DDR als Bündnis verschiedenster oppositioneller Linker. Teil waren unter anderem christliche Sozialist*innen, Trotzkist*innen, Anarchist*innen, Autonome, aber auch kritische SED-Mitglieder. Sie lieferte im Gegensatz zu vielen anderen oppositionellen Gruppen der DDR einen tatsächlichen alternativen Gesellschaftsentwurf. Ihr Ziel war nicht die Angliederung an die BRD oder die Wiedervereinigung zu einem deutschen Gesamtstaat. Stattdessen lag ihr Interesse in der Reform des bestehenden Systems der DDR hin zu einem demokratischen Sozialismus. Dieses Ziel konnte in dem 1989/90 entstandenen Machtvakuum nicht verwirklicht werden. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass das Staatskonstrukt DDR nicht an dem Druck oppositioneller Basisgruppen scheiterte, sondern viel eher an der regierungsseitigen Unfähigkeit ihrem Wohlstandsversprechen nachzukommen, zerbrach.
Folglich ist es kein Zufall, dass die oppositionellen Gruppen der 80er Jahre nach ‘89 nicht in der Lage waren ihrer Rolle als Trägergruppen der gesellschaftlichen Veränderung gerecht zu werden. Es gelang ihnen nicht Mehrheiten zu schaffen um den Transformationsprozess weiterzuführen. Große Teile der Bevölkerung wurden durch die deutsche Einheit beschwichtigt und so fehlte es an der Notwendigkeit einer grundsätzlicheren Veränderung. Auch der Versuch parlamentarisch Mehrheiten zu erzeugen scheiterte. Die meisten oppositionellen Gruppen und Bündnisse der ehemaligen DDR zerfielen bereits Anfang der 90er Jahre.

[1] Bernd Hütter/Marcel Bois (Hg.), Beiträge zur Geschichte einer pluralen Linken, Heft 2, Rosa-Luxemburg-Stiftung 2010, Die DDR und ihre rebellischen Kinder: Linke Opposition in der Ära Honecker.
[2] Die „Freie Deutsche Jugend“ war die Jugendorganisation der SED, Sozilistische Einheitspartei Deutschlands. Mit der Einschulung traten Kinder in der Regel den Jungpionieren bei, darauf folgte mit acht Jahren die Mitgliedschaft bei den Thälmannpionieren. Mit 13 Jahren traten Jugendliche meist der FDJ bei.
[2] Der Begriff Dissident*innen beschreibt Personen, die eine politische, gesellschaftliche, religiöse infrage stellen, von ihr abweichen oder ihr widersprechen.

Das war nicht der Kommunismus

Reden wir, und damit meine ich verschiedene und doch bei weitem nicht alle Strömungen der Linken, von Alternativen zum kapitalistischen Wirtschaftssystem und der daraus resultierenden Gesellschaft, so begegnen wir immer wieder einem äußerst starren bürgerlichen Narrativ des Kommunismus. Dieser sei stets autoritär („eigentlich nichts anderes als bei Hitler“), gegen die menschliche Natur und den so genannten „gesunden Menschenverstand“, was auch immer das sein soll. Wer für den Kommunismus kämpft, der*die wünsche sich zurück in die Sowjetunion, möchte die DDR zurück und am liebsten die Ermordung von Millionen Menschen unter Hammer und Sichel. Diesen Narrativ gilt es zu brechen. Um es mit den Worten von Bini Adamczak zu sagen: „Nein, nein. Das ist nicht der Kommunismus.“[1]

Um diese Auffassung zu widerlegen, muss zuerst festgelegt werden, was Kommunismus bedeutet. Nicht gerade einfach, gab es doch in rund 200 Jahren Geschichte der kommunistischen Bewegung verschiedenste Strömungen desselben mit teils unterschiedlichen Zielsetzungen. Eine der wohl bekanntesten, auf die sich fast alle anderen beziehen, ist die des Marxismus. Karl Marx beschreibt den Kommunismus als das aufgelöste Rätsel der Geschichte: Eine klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft. Natürlich kann Marx nicht als Bauanleitung für eine befreite Gesellschaft verstanden werden. Viele seiner Theorien hätten nur im Kontext der Industrialisierung eine progressive Anwendung finden können. Doch das Ziel, welches er formulierte, ist eben so humanistisch, wie seine Analysen der kapitalistischen Gesellschaft Wahrheitsgehalt haben. Den Versuch, seine Idee einer klassenlosen Gesellschaft umzusetzen, wurde zur Aufgabe vieler Millionen Menschen, die ganz eigene Vorstellungen zur Realisierung entwickelten. Als „Nebenprodukt“ entstanden Sozialversicherungen, kürzere Arbeitszeiten, Gewerkschaften, Arbeitsschutz etc. Grundsätzlich verfolgten Kommunist*innen also immer wieder das Ziel, eine Welt zu errichten, in der alle von Geburt an gleiche Chancen haben und in der ganz allgemein das Leid systematisch minimiert wird.[2] Doch wer die DDR betrachtet, dem*der wird auffallen, dass nicht erst die Umsetzung, sondern bereits die Bedingungen und Zielsetzungen andere waren. Verschiedene Strömungen des Kommunismus, wenn man sie in Anbetracht ihrer Abweichung von ursprünglichen Zielsetzungen überhaupt noch als solche bezeichnen kann, setzten sich in Europa durch. Darunter sehr regressive, autoritäre. Ob bereits der Bolschewismus konterrevolutionär war, oder erst die Machtübernahme durch Josef Stalin, soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Jedoch gab es bereits seit Lenin eine Verschiebung der Interessen: Nicht mehr die vollkommene Aufhebung der Kapitalverhältnisse, wie noch von Marx gefordert, sondern die Abschaffung des „Finanzkapitals“ wurden zur Losung. Auch die Autorität des Kapitalismus sollte nicht abgeschafft, sondern bestenfalls durch eine ähnlich grausame, vermeintlich gute ersetzt werden. Das ist höchstens sehr verkürzt antikapitalistisch und kaum humanistisch. Von Kommunismus kann nicht gesprochen werden.[3]

Zwischen 1952 und 1961 waren rund die Hälfte der SED-Parteimitglieder ehemalige NSDAP- , HJ-, oder SA-Mitglieder.[4] Diese haben sich leider nicht auf mystische Weise sofort selbst zu Antifaschist*innen erzogen: Die Kontinuität des Antisemitismus in der DDR, der auch und insbesondere vom Staat selbst ausging, zeigt sich wohl am deutlichsten in der andauernden Feindschaft zu Israel, die neben NSDAP-Hintergrund auch auf regressive antiimperialistische Theorien zurückzuführen ist, welche neben anderen Ursachen dafür verantwortlich waren, „den Westen“ zum Feindbild zu erklären. Wen wundert es, das Erich Honecker 1982 Jassir Arafat die Hand gab und den Terrorismus gegen JüdInnen weiter unterstützte? Die Erinnerungskultur der DDR ist revisionistisch: Eine kleine Gruppe von Kapitalisten sei demnach für den Faschismus verantwortlich. Das deutsche Volk sei vom Faschismus als Produkt des Kapitalismus versklavt worden, Faschismus wird nicht als eine äußerst regressive Form des Antikapitalismus verstanden.[5] Indem die Schuld dem deutschen Volk entzogen wurde, konnte es weiterhin in der TäterInnenrolle bleiben. Die DDR war folglich kein antifaschistischer Staat, keine emanzipatorische Assoziation. Es gab keine (erfolgreiche) Entnazifizierung, sondern andauernde Gewalt gegen Minderheiten und Oppositionelle; Ein absoluter Widerspruch zur kommunistischen Vorstellung von Marx und anderen Theoretikern.Ein Nationalstaat, der die in ihm lebenden Bürger*innen überwacht, ihnen verbietet in einen Großteil anderer Länder zu reisen und gnadenlos gegen Oppositionelle vorgeht, kann nicht antifaschistisch sein, auch nicht kommunistisch.

In der DDR gab es keine Basisdemokratie, nicht einmal eine parlamentarische. Im Gegenteil: Die Entmündigung, welche Kapitalismus und Faschismus hervorbrachten, wurde weitergeführt. Statt der Diktatur einer ganzen Klasse gab es die Diktatur einer Partei. Die Macht der SED durchfloss die Institutionen und Arbeitsplätze, um am Ende jede*n Bürger*in zu unterdrücken, konträr zum Kommunismus. „Es ist die historische Aufgabe des Proletariats, wenn es zur Macht gelangt, an Stelle der bürgerlichen Demokratie sozialistische Demokratie zu schaffen, nicht jegliche Demokratie abzuschaffen. Sozialistische Demokratie beginnt aber nicht erst im gelobten Lande, wenn der Unterbau der sozialistischen Wirtschaft geschaffen ist, als fertiges Weihnachtsgeschenk für das brave Volk, das inzwischen treu die Handvoll sozialistischer Diktatoren unterstützt hat. Sozialistische Demokratie beginnt zugleich mit dem Abbau der Klassenherrschaft und dem Aufbau des Sozialismus.“(Rosa Luxemburg).[6]

Der Kommunismus entstand dort, wo durch Arbeit Unrechtmäßigkeit erzeugt wurde. Leider zogen viele „Kommunisten“, insbesondere der UdSSR, daraus die falsche Schlussfolgerung: Statt die Arbeit, wo es möglich ist, zu reduzieren, verfielen sie, ihre kapitalistisch induzierte Konkurrenz nicht reflektierend, in puren Arbeitsfetischismus. Marx sah „Das Reich der Freiheit […] in der Tat erst da, wo das Arbeiten […] aufhört; es liegt also der Natur der Sache nach jenseits der Sphäre der eigentlichen materiellen Produktion.“.[7] Auch Paul Lafargue erkannte bereits 1880: „Ein seltsamer Wahn beherrscht die Arbeiterklassen der Nationen, in denen die kapitalistische Zivilisation regiert. Dieser Wahn zieht das individuelle und soziale Elend nach sich, das die traurige Menschheit seit zwei Jahrhunderten quält. Dieser Wahn ist die Liebe zur Arbeit, die wilde Arbeitsleidenschaft, die bis zur Erschöpfung der Lebenskräfte des Einzelnen und seiner Nachkommenschaft getrieben wird.“[8] Die Auszeichnung „Held der Arbeit“ ist folglich keine kommunistische Propaganda, sondern antikommunistische. Die DDR stellte sich auch im Bereich der Arbeit gegen kommunistische Anschauungen.

Wer jetzt meint, die DDR habe bewiesen, dass Kommunismus nicht funktionieren könne, es in der menschlichen Natur lege, egoistisch zu sein und stets nach eigenem Vorteil zu handeln, dem*der sei zu entgegnen, dass die Gestalt der Menschen wohl weniger in der Natur ihre Ursache findet, als in der Gesellschaft, in der jedes Individuum von Geburt an geprägt wird. Weniger scheiterte die DDR daran, dass es prinzipiell unmöglich ist, eine Gesellschaft zu schaffen, in der nicht die eigenen Interessen, wie in unserer Gesellschaft, notwendig an erster Stelle stehen, als an der fehlenden Reflexion regressiver Tendenzen, die die neue Gesellschaft aus der alten mitbrachte. Die kapitalistische und hierarchische Prägung der Individuen wie der Massen blieben unterschätzt.

Viele Ansichten zur DDR und zum Kommunismus sind legitim, viele sehr kritikwürdig. Die DDR war autoritär, kein antifaschistischer Staat, keine Demokratie, keine Aufhebung der Klassen- und Kapitalverhältnisse, kurzum: kein Kommunismus, erst recht nicht „Der Kommunismus“.

[1] Bini Adamczak – Kommunismus: Kleine Geschichte wie endlich alles anders wird
[2] https://geschichte-wissen.de/blog/der-kommunismus-marxismus/
[3] Bundeszentrale für politische Bildung – Sowjetunion I: 1917-1953

[4]https://www.welt.de/kultur/article5558370/Wie-die-SED-ihre-Wurzeln-in-der-NSDAP-vertuschte.html
[5] https://www.bpb.de/internationales/asien/israel/45014/ddr-israel
[6] Rosa Luxemburg: Zur russischen Revolution, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, S. 363 f.

[7] Marx, Kapital, Bd. 3, in MEW 25, 828
[8] Paul Lafargue – Das Recht auf Faulheit, in Reclam S. 10